Ab Herbst 2015 wurden Natodraht-Rollen zwischen Slowenien und Kroatien gelegt. Slowenien will künftig Asylwerber an der Grenze abweisen und Kroatien fürchtet, dass die Flüchtlinge dann bleiben.

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Ljubljana/Zagreb – "Wir verschließen uns nicht gegen Leute, die Hilfe brauchen!", stand auf dem gelb-schwarzen Plakat, das Demonstranten am Freitag vor dem Parlament in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana trugen. Am Freitag sollte eigentlich ein neues Gesetz im Parlament beschlossen werden, doch vielen Juristen zufolge widerspricht dieses den europäischen Regelungen. Deshalb wurde es kurzerhand zurückgezogen und wird nochmals überprüft.

Der liberale Premier Miro Cerar hatte zuvor gewarnt, dass keine Zeit zu verlieren sei. Er steht unter Druck der politischen Rechten. Dem neuen Gesetz zufolge sollten Asylwerber, die an die Grenze Sloweniens kommen, einfach nach Kroatien zurückgewiesen werden – ähnlich wie Ungarn, das dies bereits praktiziert. Die Regelung soll für ein halbes Jahr gelten und danach verlängert werden können.

Ausnahmen bei Lebensgefahr und Minderjährigen

Ausgenommen sind Personen, deren Leben in Gefahr ist und Minderjährige. Rechtsexperten monieren, dass es für Grenzbeamte seriöserweise nicht möglich sei einzuschätzen, wessen Leben bedroht sei. Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjorn Jagland, schrieb Premier Cerar und drückte seine Sorge aus, das neue Gesetz würde der Europäischen Konvention für Menschenrechte widersprechen.

Slowenien ist zwar schon lange nicht mehr mit einem Massenandrang von Asylwerbern konfrontiert, doch versuchen weiterhin Flüchtlinge, die aus Griechenland, über Bulgarien und Serbien nach Kroatien gelangt sind, in das mitteleuropäische Land einzureisen. Kroatien und Serbien weisen bereits Flüchtlinge an ihren Grenzen zurück. Diese versuchen oft, mithilfe von Schmugglern in den Norden zu gelangen. Sie versuchen Registrierungen zu vermeiden, um später nicht zurückgeschoben zu werden.

Anstieg im November

Von Jänner bis November 2016 haben 1135 Personen in Slowenien um Asyl angesucht. Vergangenen November stieg die Zahl im Vergleich zu den Vormonaten allerdings ziemlich an. 185 Personen suchten an. Prinzipiell ist für die meisten Flüchtlinge, die nach Mitteleuropa gelangen, den Dublin-Regeln zufolge, Bulgarien zuständig. Denn jene Flüchtlinge, die aus Griechenland in den Norden kommen, durchqueren zumeist das EU-Land Bulgarien.

Das neue slowenische Gesetz hat auch mit möglichen Verschärfungen in Österreich zu tun. Zuletzt hatte die ÖVP gefordert, die Obergrenze für Asylwerber in Österreich zu halbieren, womit nur mehr 17.000 Personen um Asyl ansuchen könnten. Gleichzeitig hatte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) angekündigt, dass stärker in die EU-Nachbarländer zurückgeschoben werde.

Slowenien hat in den vergangenen zwei Jahren immer sehr genau beobachtet, was der nördliche Nachbar macht und darauf reagiert. In Ljubljana hat man vor allem die Angst, dass die Flüchtlinge im Land bleiben könnten oder die Kapazitäten der Polizei und der Behörden für das Management nicht ausreichen könnten.

Keine Grenzkontrollen mehr

Als Ungarn im September 2015 die Grenzen schloss und die Flüchtlinge danach über Kroatien und Slowenien nach Österreich kamen, waren die slowenischen Behörden tatsächlich überfordert. Deshalb auch spielte Slowenien bei der Schließung der Balkanroute vor einem Jahr eine zentrale Rolle. Eine der wichtigsten Maßnahmen war damals, dass ein mazedonisches Gesetz aufgehoben wurde, das im Juni 2015 zur Öffnung der Balkanroute geführt hatte. Dieses Gesetz legalisierte die Durchreise von Migranten erstmals. Danach setzte die Massenmigration über die Balkanroute Richtung Mitteleuropa ein.

Slowenien legte ab Oktober 2015 an der Grenze zu Kroatien Stacheldrahtrollen aus. Die Grenzkontrollen zwischen Österreich und Slowenien wurden nach der Schließung der Balkanroute aber wieder aufgehoben. Heute kann man die Grenze in Spielfeld problemlos passieren. (Adelheid Wölfl, 23.1.2017