Die Neuerung bei der in Europa meist genutzten Schiedsordnung ist ein positiver Schritt, sagt Simone Petsche-Demmel, Partnerin in der Kanzlei Petsche Pollak und Expertin für grenzüberschreitende Schiedsverfahren.

Foto: Northcote.Recht

Wien – Einige Schiedsordnungen sehen ein vereinfachtes Verfahren vor, um bei kleineren Streitwerten Zeit und Kosten zu sparen. Nun führt auch die Internationale Handelskammer (ICC) in Paris, eine der wichtigsten Schiedsgerichtsbarkeit-Einrichtungen, eine solche Diskontschiene ein.

Bei allen Schiedsklauseln, die sich ab dem 1. März 2017 auf die ICC Arbitration Rules berufen, gilt für Streitwerte unter zwei Millionen Dollar zwingend ein vereinfachtes Verfahren. Dieses sieht nur noch einen Schiedsrichter statt eines Dreiersenats vor. Das Verfahren kann über Skype oder überhaupt als reines Dokumentenverfahren ohne persönliche Beteiligung der Parteienvertreter geführt werden.

Alle Entscheidungen sollen in höchstens sechs Monaten fallen. Das Wichtigste sind deutlich geringere Gebührensätze, die sich durch den kleineren Aufwand und die Einsparung bei den Schiedsrichtern ergeben. Der zukünftige Einzelrichter wird weniger erhalten als jeder der drei Schiedsrichter bei normalen Verfahren.

Die ICC folgt damit dem Beispiel anderer Schiedsordnungen, so etwa dem Vienna International Arbitral Centre (VIAC), das seit Jahren eine "Fast-Track Arbitration" als Option vorsieht. Neu ist bei der ICC die Pflicht zu einer solchen Sparvariante bei kleineren Streitwerten: Liegt dieser über zwei Millionen Dollar, können die Schiedsparteien durch eine Opt-in-Klausel freiwillig das vereinfachte Verfahren wählen.

Die Neuerung bei der in Europa meist genutzten Schiedsordnung ist ein positiver Schritt, sagt Simone Petsche-Demmel, Partnerin in der Kanzlei Petsche Pollak und Expertin für grenzüberschreitende Schiedsverfahren. Denn die hohen Kosten eines solchen Verfahrens würden dazu führen, dass manche Vertragspartner bei kleineren Streitigkeiten auf den Rechtsweg überhaupt verzichten. "Wenn man, so wie es viele tun, die ICC-Klauseln inkorporiert hat, waren die Kosten in manchen Fällen eine Hürde für den Zugang zum Recht", sagt sie.

Geringere Gebühren

Mit den neuen, geringeren Gebührensätzen, sollte ein Schiedsverfahren für einen Zwei-Millionen-Dollar-Streitwert zwischen 50.000 und 150.000 Dollar (45.000 bzw. 140.000 Euro) kosten, schätzt Petsche-Demmel. "Das ist gegenüber einem Verfahren vor staatlichen Gerichten kompetitiv", sagt sie. Ein Zug durch alle drei Instanzen kostet vor staatlichen Gerichten bei einer Zwei-Millionen-Dollar-Causa rund 115.000 Euro.

Positiv sieht die Anwältin auch den Zwang zum vereinfachten Verfahren unter dem Schwellenwert, den es etwa bei der VIAC nicht gibt. "In der Praxis haben sich in traditionellen Schiedsverfahren manche formale Verfahrensschritte als so schwerfällig erwiesen, dass man eine attraktivere Lösung finden muss", sagt sie.

Etwas schwieriger ist die Findung eines Einzelschiedsrichters als eines Dreiersenats. Sollten sich die Parteien nicht auf eine Person einigen können, was häufig vorkommt, wird der Schiedsrichter in Zukunft vom ICC bestimmt.

Das vereinfachte Verfahren könnte dazu führen, dass Streitigkeiten öfter zu Schiedscausen werden, statt einvernehmlich beigelegt zu werden. Aber auch das sei positiv, weil es mehr Rechtssicherheit mit sich bringe. "Derzeit werden berechtigte Ansprüche einfach nicht durchgesetzt, weil man vor den Kosten zurückschreckt." (Eric Frey, 24.1.2017)