Benoit Hamon und Manuel Valls liegen beim ersten Wahldurchgang der Sozialisten vorne.

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Benoît Hamon hat den ersten Durchgang der "primaire de gauche", der Vorausscheidung der französischen Sozialisten für die Präsidentenwahlen, am Sonntagabend klar für sich entschieden. Der 49-jährige Ex-Bildungsminister erhielt laut einer ersten Verlautbarung der Partei 35,8 Prozent der Stimmen. Der kürzlich zurückgetretene Ex-Premier Manuel Valls musste sich mit 31,4 Prozent und damit dem zweiten Platz zufriedengeben.

Die beiden politisch sehr unterschiedlichen Sozialisten werden am kommenden Sonntag in einer Stichwahl ausmachen, wer von ihnen der Präsidentschaftskandidat seiner Partei im Frühjahr sein wird.

Das Wahlresultat stellt keine größere Überraschung mehr dar, obwohl Valls ursprünglich als Favorit ins Rennen gegangen war. Hamon hatte die sozialliberale Politik von Präsident François Hollande und Valls scharf kritisiert; vor wenigen Tagen erklärte er sogar, er würde die von der Linksregierung vorgenommene Liberalisierung des Arbeitsmarktes rückgängig machen, wenn er in den Elysée-Palast gewählt würde.

Sein Vormarsch gleicht dem des konservativen Kandidaten François Fillon, der im vergangenen November die beiden Favoriten Nicolas Sarkozy und Alain Juppé ausgestochen und die Investitur der französischen Republikaner erhalten hatte.

Niedrige Beteiligung

Hamon hat allerdings noch nicht gewonnen. Rein arithmetisch hat er zwar die besten Chancen. Der drittplatzierte Kandidat der Sozialisten, Arnaud Montebourg, der 17,9 Prozent der Stimmen erhielt, rief am Sonntagabend ausdrücklich zur Wahl Hamons auf. Dieser vereinigt damit klar mehr als die Hälfte der Stimmen aus dem ersten Durchgang auf sich. Allerdings lag die Stimmbeteiligung relativ tief. Nur rund zwei Millionen Sozialisten und Sympathisanten suchten am Sonntag eines der 7350 Wahllokale in Frankreich auf.

Daraus schöpft Valls eine gewisse Hoffnung: Wie es scheint, sind im ersten Durchgang vor allem die Vertreter des linken Flügels an die Urnen gegangen. Das Lager der sozialliberalen "Realos" um das Regierungsduo Hollande und Valls wurde am Sonntag von der eigenen Partei richtiggehend abgestraft. Es hat aber noch Reserven: Wenn die pragmatischeren Sozialisten am nächsten Sonntag massiv an die Primärwahlurnen gehen, kann Valls durchaus noch gewinnen.

Der resolute Premier, der auf Themen wie Sicherheit und Wirtschaftsreformen setzt, wird diese Woche sein einziges Argument von Gewicht einbringen: Nur ein Mann von seiner Erfahrung und seiner Autorität habe eine Chance gegen Fillon oder die Rechtsextremistin Marine Le Pen. Laut den meisten Umfragen läge der sozialistische Kandidat – und sei das Hamon oder Valls – aber sogar im eigenen Lager hinter den zwei Linksbewerbern Emmanuel Macron und Jean-Luc Mélenchon. Sie nehmen gar nicht an der Primärwahl der Sozialisten teil. Bei den Präsidentschaftswahlen im Frühling ist damit mit einer Zersplitterung der Linken zu rechnen. (Stefan Brändle aus Paris, 22.1.2017)