Magensäureblocker gehören zu den am häufigsten eingenommenen Medikamenten. Studien zeigen, sie können das Risiko für Knochenbrüche und Darminfektionen erhöhen.

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So genannte "saure Schmerzmittel" wie etwa Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure – der Wirkstoff von Aspirin – können bei häufiger Anwendung den Magen schädigen. Protonenpumpeninhibitoren (PPI), auch Magensäureblocker oder Magenschutz genannt, reduzieren die Bildung von Magensäure, die den Magen bei der Einnahme besagter Schmerzmittel angreift und werden verschrieben, wenn Patienten langfristig Schmerzmittel einnehmen müssen. Sie gehören zu den am häufigsten eingenommenen Medikamenten.

Zahlen dazu gibt es aus Deutschland: Nach Angaben des Arzneimittelverordnungs-Reports hat sich die Verordnung von PPI in den zurückliegenden zehn Jahren mehr als verdreifacht und lag 2015 bei rund 3,7 Milliarden definierten Tagesdosen (DDD, daily defined dose). Protonenpumpeninhibitoren sind wichtige Medikamente, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Sie würden jedoch vielfach auch bei Beschwerden eingesetzt, für die sie nicht geeignet seien.

In jüngster Zeit mehren sich Hinweise, dass eine langfristige Einnahme von PPI mehr Nebenwirkungen verursachen könnte, als bislang bekannt. Eine Dauermedikation sollte deshalb nur unter ärztlicher Betreuung und bei klar abgesicherter Diagnose erfolgen, empfiehlt die DGVS.

Nutzen nicht nachgewiesen

"Diese Medikamente sind wirksam und wichtig zur Behandlung und Vorbeugung bestimmter säureassoziierter Magenerkrankungen wie beispielsweise der Refluxkrankheit, der gastroduodenalen Ulkuskrankheit, des Barrett-Ösophagus oder des Zollinger-Ellison-Syndroms", erklärt DGVS-Experte Matthias Ebert, Direktor der II. Medizinischen Klinik, Universitätsmedizin Mannheim. "In manchen Fällen ist auch ihr Einsatz als ‚Magenschutz‘, also als Vorsorge von Magenblutungen, ausgelöst durch die langfristige Einnahme bestimmter Medikamente sinnvoll und wichtig", so der Gastroenterologe.

Zu häufig aber würden PPI auch bei Beschwerden angewandt, bei denen ihr Nutzen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. Hierzu zählt vor allem ein Reizmagen. "Ein Reizmagen-Syndrom ist nicht ganz leicht zu behandeln, denn seine Symptome und die Ursachen sind vielfältig. Aus Mangel an effizienten Therapien wird dann nicht selten auf PPIs zurückgegriffen", so Ebert.

Die unkritische Einnahme von PPIs bei unspezifischen und teils auch ernährungsbedingten Magenbeschwerden – etwa Aufstoßen, Völlegefühl oder Übelkeit – werde zudem dadurch begünstigt, dass die Medikamente auch freiverkäuflich in Apotheken abgegeben würden. Aus dem gelegentlichen Griff zu den PPIs kann schnell eine Dauereinnahme werden. Grund: Beim abrupten Absetzen eines PPI kann es bei manchen Patienten zu einer überschießenden Produktion von Magensäure kommen – dann treten die Symptome, gegen die das Medikament eingenommen wurde, eine gewisse Zeit lang sogar noch verstärkt auf. "Dies führt nicht selten dazu, dass Patienten das Medikament dann weiter einnehmen und langfristig dabei bleiben", so Ebert.

Veränderte Darmflora

In jüngster Zeit mehren sich Hinweise und Studien, dass eine langfristige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren – über mehrere Monate oder sogar Jahre – mit möglichen Nebenwirkungen assoziiert ist. Zu den unter Wissenschaftlern diskutierten möglichen Risiken zählen insbesondere ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche und eine Veränderung der Darmflora. Verschiedene Untersuchungen zeigten auch, dass bei langfristiger Einnahme von PPI die Rate an Darminfektionen mit Erregern wie Clostridium difficile oder Campylobacter zunahm. "Hier muss man jedoch betonen: Bei vielen der vermuteten Nebenwirkungen ist die Studienlage bislang noch dürftig und teils auch widersprüchlich", sagt DGVS-Pressesprecher Christian Trautwein aus Aachen. Gesicherte Erkenntnisse gebe es bislang kaum – es brauche weitere, aussagekräftige Studien, um die aktuellen Hinweise zu belegen oder zu widerlegen.

"Dennoch müssen die aktuellen Hinweise Anlass dazu geben, die bislang recht unkritische Verschreibung und Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren zu überdenken", betont Trautwein. Bislang waren PPIs für ein sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis bekannt, weshalb die Verordnung oft sehr großzügig und die Indikationsstellung recht weit gefasst war – dies muss sich ändern."

Die Experten raten daher: Protonenpumpeninhibitoren sollten nicht langfristig – über mehr als zwei Monate – ohne eine eindeutige, gesicherte Diagnose, die eine PPI-Therapie unabdingbar erfordert, eingenommen werden. (idw, red, 23.1.2017)