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Die winterlichen Temperaturen sind für gesunde Läufer kein Problem, meint der Sportmediziner.

Foto: AP Photo/Nam Y. Huh

Minusgrade, Dunkelheit, Schneeregen: Viele Hobbysportler kämpfen derzeit mit dem Schweinehund. Denn sich bei solchen widrigen Umständen nach Büroschluss noch zum Sport im Freien aufzuraffen, anstatt sich auf die Wohnzimmercouch fallen zu lassen, ist schwierig.

Was tun? "Trotzdem rausgehen, nicht drinnen bleiben. Die Kälte erspüren, das Knirschen vom Schnee – sich anderen Reizen aussetzen und plötzlich sehen: So kalt ist es ja gar nicht", sagt Josef Niebauer, Vorstand des Salzburger Universitätsinstituts für präventive und rehabilitative Sportmedizin. Denn gegen Sport im Freien spricht aus seiner Sicht bei gesunden Menschen auch bei Minusgraden nichts. "Das Training muss adaptiert werden: Bei Minusgraden sprintet man nicht gleich los", sagt Niebauer. Außerdem empfiehlt er, sich den Temperaturen entsprechend zu kleiden. Manche Hobbysportler würden es aber übertreiben, sich zu warm anziehen und es sich so unnötig schwermachen.

Heraufziehende Erkältung

Wer Andreas Kollar um Tipps gegen das Motivationstief bei Minusgraden fragt, bekommt eine unerwartete Antwort: "Ich mag es überhaupt nicht, von einem Schweinehund zu sprechen, den es zu überwinden gilt." Vielmehr rät der Wiener Sportpsychologe dazu, auf den Körper zu hören, wenn der Antrieb fehlt: "Ich bin immer vorsichtig, wenn Hobbysportler sich zu etwas zwingen wollen."

Denn oft stecke etwas hinter dem Motivationstief, etwa dass die nötige Erholung fehlt oder eine Erkältung im Anzug ist: "Es ist ja nicht so, dass der Körper nicht mitkriegt, dass es draußen minus fünf Grad hat. Das ist eine zusätzliche Belastung für das System", warnt Kollar. Und im Gegensatz zu Profisportlern hätten Hobbysportler ja auch noch einen Vollzeitjob, den es zu bewältigen gibt – oft kommt dann die Regeneration zu kurz. Die Folgen reichen von einer Erkrankung bis hin zur Verletzung – noch bevor die Laufsaison im Frühjahr überhaupt wieder begonnen hat.

Kürzere Workouts

"Schrauben", an denen man dennoch drehen kann: die Trainingszeiten verändern – das Joggen beispielsweise in die Mittagspause verlegen – oder das Workout verkürzen. Auch weniger belastende Bewegungsformen – beispielsweise ein Spaziergang im Freien – oder ein Training zu Hause oder im Fitnessstudio können laut Kollar sinnvoll sein. Er rät auch zu "Fünf-Minuten-Verträgen" mit sich selbst: Also erst einmal nur fünf Minuten Sport zu machen und zu schauen, wie es dem Körper damit geht.

Und selbst wenn es bei einem fünf- oder zehnminütigen Workout bleibt, sei das auf die Woche hochgerechnet gut, meint der Sportpsychologe: "Als Hobbysportler muss man sich davon verabschieden, so hohe Ansprüche an sich zu stellen", sagt Kollar und fügt hinzu: "Es fehlt manchmal die Flexibilität im Denken, weil man sich so auf Ergebnisse versteift. Der Spaß und die Freude an der Bewegung bleiben dabei oft auf der Strecke."

Daher steht er auch dem bewussten Setzen von Zielen zur Motivationssteigerung ambivalent gegenüber: "Das Problem ist, dass es so viele unterschiedliche Trainingstypen gibt", sagt er. Wen Ziele motivieren, der setzt sie sich sowieso. Andere würden davon aber noch zusätzlich überfordert, warnt Kollar.

Bestrafung und Belohnung

Selbiges gilt für Belohnungen, also zum Beispiel das Stück Schokolade nach dem Sport: "Ab und zu ist das Versprechen einer Belohnung nach dem Sport okay, als dauerhafte Strategie lässt sich der Körper aber nicht darauf ein", meint Kollar. Zudem biete ein solches Belohnungssystem am Ende eben auch die Möglichkeit, den Körper zu bestrafen: "So sollte Sport als Hobby aus meiner Sicht nicht funktionieren."

Und wer es tatsächlich dauerhaft nicht schafft, die Laufschuhe zu schnüren? "In der Wahl der Sprache fängt es oft schon an", sagt Kollar. "Denn anstatt zu sagen: 'Ich habe es eine Woche nicht geschafft, Sport zu treiben', könnte man ja auch sagen: 'Ich habe es geschafft, eine Woche lang auf die Bedürfnisse meines Körpers zu hören.'" Meistens komme die Motivation dann wieder von allein.

Sportmediziner Niebauer rät dazu, derzeit nicht von sommerlichen Temperaturen zu träumen, sondern den Winter anzunehmen – mit all seinen Begleitumständen. Wer es schafft, sich zum Sport im Freien zu motivieren, wird dafür mit einem guten Gefühl belohnt, verspricht er: "Schon während des Sportelns, spätestens aber, wenn man nach Hause kommt, ist man plötzlich zufrieden mit sich selbst." (zof, 23.1.2017)