Wien – Die spektakuläre Festnahme eines terrorverdächtigen 17-Jährigen vergangene Woche mag das Gegenteil vermuten lassen, doch Delikte mit radikalislamistischem Motiv sind im Vorjahr stark zurückgegangen. 34 einschlägige Festnahmen gab es 2016, 2015 waren es noch 49.

Die Zahl der ausgeforschten radikalisierten Personen sank noch deutlicher auf 18 Personen, 2015 waren es 59, 2014 gar 139. Da sich die Verfahren oft über viele Monate ziehen, erlebte die Justiz erst 2016 ihr Rekordjahr: 49 Verfahren endeten im Vorjahr mit einem Urteil, 2015 waren es nur 31.

Der 17-Jährige selbst kündigte am Mittwoch an, gegenüber der Staatsanwaltschaft umfassend aussagen zu wollen. Er bestreitet weiterhin, einen Anschlag in Wien geplant und dafür "Testsprengungen" durchgeführt zu haben. (Mehr dazu im Artikel Terrorverdächtiger 17-Jähriger will umfassend aussagen)

"Fußfessel-Müll" sei "absoluter Quatsch"

Die strengeren Überwachungsmaßnahmen, die Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Dienstag nach der Festnahme des Jugendlichen im Namen der Terrorbekämpfung neuerlich eingefordert hatte, nannte Peter Pilz indes "schlicht und einfach absurd". Bei einer eigens anberaumten Pressekonferenz am Mittwoch bezeichnete der grüne Sicherheitssprecher Sobotka selbst als "Gefährder". "Ist der Innenminister noch bei Verstand? Ich weiß es nicht", sagte Pilz über Sobotkas Pläne zur Massenüberwachung und dem Einsatz von Fußfesseln gegen Verdächtige. Man könne nicht jeden abgedrifteten Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine solche umschnallen.

Der "Fußfessel-Müll" sei "absoluter Quatsch" und würde Radikalisierte samt Umfeld nur vor der Beobachtung warnen; besser wäre eine geheime Handyüberwachung in konkreten Verdachtsfällen "auf solider rechtlicher Basis". Seriell geschaltete Überwachungskameras, die nach Sobotkas Plänen anlasslos alle Bürger zentralisiert überwachen würden, kippte der Verfassungsgerichtshof ohnehin wieder, war sich Pilz sicher. Beamten des Verfassungsschutzes und von Militärgeheimdiensten seien angesichts Sobotkas Pläne "hell entsetzt" oder "schütteln nur mehr den Kopf", sagte Pilz.

Rabenhof statt Ministerrat

Der "unerträgliche Wettkampf" zwischen Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) um möglichst scharfe Methoden im Namen der Sicherheit seien kein Fall für den Ministerrat, sondern für den Rabenhof (eine Kabarettbühne in Wien, Anm.), so Pilz. Doskozil, den er grundsätzlich schätze, hatte am Dienstag generelle Zustimmung zu Sobotkas Vorschlägen bekundet und schlug von sich aus vor, im Kampf gegen illegale Zuwanderung das Bundesheer in Züge zu schicken.

Sobotka sei "nur im Stiftungswesen und im Musikschulwesen bewandert", konnte sich der Grüne eine weitere Spitze gegen den Innenminister nicht verkneifen. Sollte Sobotka das geplante Sicherheitspaket als Gesetzesvorschlag einbringen, würden die Grünen "definitiv" im Parlament dagegen vorgehen, so Pilz. Er selbst sei bei Terrorismus "für einen harten Kurs und gegen jede Milde", Sobotkas Aufblasen eines Falles zum "Missbrauch der Ängste der Menschen" sei allerdings abstrus. (Michael Matzenberger, 25.1.2017)