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Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Rede von Alexander Van der Bellen.

ORF

Er ist ein anderer Bundespräsident, an den wir uns erst gewöhnen müssen: an seine Art zu reden, seine Pausen, seine humoristischen Anspielungen. Mit seiner ersten Rede als Staatsoberhaupt hat Alexander Van der Bellen überrascht. Dass der Tiroler gleich zu Beginn von der "schönen Heimat" schwärmte, mit Leichtigkeit einen Bogen vom Kaunertal nach Pinkafeld schlug und noch dazu eine Liebeserklärung ans Smartphone einbaute, erstaunte. Es war der heitere, fast ausgelassene Beginn einer von Zuversicht durchdrungenen Rede eines Mannes, der eher für seine nachdenklichen Töne bekannt ist. Die kamen auch, aber erst später.

Alexander Van der Bellen bezog klare Standpunkte: für die Vielfalt im Land, gegen Nationalismus und Kleinstaaterei – und vor allem für ein gemeinsames Europa, für das es sich zu kämpfen lohnt. Das waren deutliche Aussagen, aber keine Kampfansagen – bewusst. Van der Bellen positionierte sich als Anti-Trump, der Österreich als "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" bezeichnete und ganz im Gegensatz zum US-Präsidenten Donald Trump bei dessen Angelobungsrede ein positives Bild zeichnete. Es war ein Brückenschlag zwischen Heimatliebe und Weltoffenheit.

Mit seinem Bekenntnis zur Neutralität stellte er eine Kontinuität zu seinem Amtsvorgänger Heinz Fischer her. Dass der langjährige Grünen-Chef das Bundesheer derart über den grünen Klee lobte und zu einer Schutzmacht für Demokratie und Frieden beförderte, gehörte zu den Überraschungsmomenten dieser Rede.

Präsidiale Willkommenskultur

Wir werden uns auch in Zukunft daran gewöhnen müssen, genau hinzuhören, denn manche Positionierungen fielen in dieser ersten Ansprache fast beiläufig, wie jene, dass er nicht nur ein überparteilicher Bundespräsident sein will, sondern einer "für alle in Österreich lebenden Menschen". Das ist eine neue Art präsidialer Willkommenskultur. Van der Bellen will integrieren, das Gemeinsame über das Trennende stellen.

Mit seiner Angelobung ist die Polarisierung in diesem Lande nicht beendet. Der neue Bundespräsident muss in den nächsten Jahren viel Überzeugungsarbeit leisten: für sich und für die Themen, die ihm wichtig sind. Nicht nur bei der Passage, in der Van der Bellen vor "vermeintlich einfachen Antworten" warnte, verweigerten die Freiheitlichen dem Gegenkandidaten von Norbert Hofer den Applaus. Später rechtfertigte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache das Verhalten damit, dass man kurz, aber doch applaudiert habe. Die FPÖ-Abgeordneten zeigten sich damit als schlechte Verlierer und wenig staatsmännisch.

Der neue Bundespräsident hat auch Worte der Mahnung und Ermutigung in Richtung Regierung gefunden. Seine Forderung, "Politik muss Ergebnisse bringen", war so formuliert, dass er die derzeit im Clinch liegenden Koalitionäre nicht öffentlich abgewatscht hat, sondern sanft drängte.

Aber das wird nicht immer reichen, will Van der Bellen dem gerecht werden, was er nicht nur seinem auf der Zuschauergalerie sitzenden Enkel, sondern der ganzen jungen Generation zurief: Mutig in die neuen Zeiten! Das, was man Fischer zu Recht vorwarf, oft zu wenig klar zu politischen Fragen öffentlich Position bezogen zu haben, sollte seinen Nachfolger ermutigen. Dann würde dieser Bundespräsident, der als Erster nicht aus den Reihen von SPÖ und ÖVP stammt, auch in Zukunft überraschen. (Alexandra Föderl-Schmid, 26.1.2017)