Wien – Da hätte man aber doch gerne gewusst, wie etwa die beiden Kitschkapazunder Peter Lund und Barrie Kosky dieses Schlussbild in Szene gesetzt hätten, wenn das heiligengleiche Liebespaar selig-entrückt gen Himmel fährt und die Chorsoprane dazu aufs hohe C geigen. Ein transportfähiges Wolkengebilde aus weißen Straußenfedern vielleicht, vor einem Sonnenaufgang in Himmelblau und Rosarot? Es wäre möglich.

Denn es ist wirklich ziemlich rührselig, was Erich Wolfgang Korngold da im letzten Teil seiner Oper Das Wunder der Heliane aufführt. Die ersten beiden Akte des 1927 uraufgeführten Musiktheaters sind komplexer und abwechslungsreicher komponiert; aber der dritte wirkt wie ein akustisches Bewerbungsschreiben für eine Karriere als Filmmusikkomponist in Hollywood – eine Karriere, die zehn Jahre später folgen sollte.

Die Klangfluten

Die Volksoper zeigt Korngolds selten gespieltes Werk aus Anlass des 120. Geburtstags des Komponisten konzertant: eine verdienstvolle Unternehmung. Für diese braucht man in erster Linie eine Trias von Solisten, die sich gegen die Opulenz des Orchesters behaupten können. Annemarie Kremer gelingt dies als Heliane auf herausragende Weise: Ihr weicher, tragfähiger Sopran leuchtet wie eine Sonne über den schillernden Klangfluten, völlig unangestrengt bewältigt die Holländerin die endlosen Kantilenen.

Das kann man von Daniel Kirch (als Der Fremde) nicht durchgängig behaupten: Sein kraftvoller, geschmeidiger, vielleicht etwas gleichförmig präsentierter Tenor gefällt, die Spitzentöne klingen etwas angestrengt. Ein uneingeschränkter Genuss ist es, Martin Winkler zuhören zu dürfen: Die Prägnanz seines Vortrags fesselt, mit seinem mächtigen, angeschärften Bassbariton macht der Bayreuth-erprobte Bregenzer die Partie des Königs, der ob der Zurückweisung durch seine Frau Heliane zum grausamen Despoten wird, zum Weltklasseereignis.

Eindrucksvoll auch Martina Mikelic (Botin), Andreas Mitschke (Pförtner) und Mehrzad Montazeri (Schwertrichter). Das in Kompaniestärke angetretene Volksopernorchester schlägt sich wacker und präsentiert das Werk unter der exakten Leitung von Jac van Steen solide. Begeisterung. (Stefan Ender, 30.1.2017)