Mailand – "Essen Sie Hund?", hatte eine der ersten Fragen gelautet. "Das war in der Anfangsphase meines koreanischen Berufslebens, ich musste mich erst in die Welt von Hyundai samt Konzernschwester Kia hineinleben", schilderte Konzerndesignchef Peter Schreyer launig bei der Präsentation des neuen Kia-Stolzes Stinger GT in Mailand. Die Sache klärte sich rasch, es war ein der Aussprache geschuldetes Missverständnis. Gemeint war nicht "dog", Hund, sondern "duck", Ente ...

Peter Schreyer, seit 2006 Kia-Designchef und seit 2013 verantwortlich für das Aussehen aller Hyundais und Kias, am Zeichentisch beim Sinnieren und Gestikulieren.
Foto: Kia

Für den Deutschen liegt Korea fast in seinem Frankfurter Vorzimmer. Einmal kurz über den Pazifik zu fliegen, empfindet er fast wie eine Pendelmission zwischen europäischen Werken.

Jedenfalls, Stinger, Europadebüt, Mailand. Unzählige bildschöne Italienerinnen springen ekstatisch herum, langsam rollt die 4,83-Meter-Limousine aus einer Transportkiste mit Bezug auf die vor Kurzem erfolgte Weltpremiere in Detroit, im feurigen Rot italienischer Rennsporttradition. Über die Videowall huscht das Designvorbild Maserati Ghibli, 1966 von Giorgio Giugiaro genial entworfen, Gedankenanstoß für den Stinger sowie Herausforderung, wie man klassische Retrogenialität ins Moderne überträgt. So weit kann man es mit der Schönheit bringen.

Der Kia Stinger ist Schreyers letzter Schrei.
Foto: Kia

Unter Schreyers Leitung lief bei Kia 2010 die Entwicklung einer Limousine für das Premiumsegment an. Mit dem Stinger wird allerdings keine neue Toplinie gestartet, anders als bei Konzernschwester Hyundai, wo der Marke Genesis diese Aufgabe zufällt.

Stachel und Bond

Den Name Stinger (Stachel, Stecher) trug bereits kurzfristig ein zweisitziger Sportwagen, der in den USA übers Konzeptstadium nicht hinauskam. James-Bond-Fans erinnern sich sicher an Roger Moore, der mit Stinger-Raketen rumfuchtelte und damit seine Gegner liquidierte. Keinen Spaß kannten dann die Amerikaner mit dieser Waffe im Irak oder in Afghanistan.

Der Stinger von vorne.
Foto: Kia

Peter Schreyer, nebenbei auch noch Sportflieger und Maler und angesichts des Echos zufrieden – "das Werk scheint gelungen" –, bricht mit dem Stinger in die Domäne deutscher Premiummarken ein, ob sie BMW 5er, Mercedes E-Klasse oder Audi A5 heißen.

Österreicher sind Weltmeister, wenn es gilt, durch eine Verbindung ein Stück heimatlichen Anteil zu kreieren: Der Stinger ist mit Allradantrieb von Magna in Graz bestückt, damit ist Österreich wieder bei einer großen Sache dabei.

Längsmotoren

Drei Motorisierungen sind vorgesehen: zwei Turbo-Benziner (ein 2,0-Liter-Aggregat mit 255 PS, ein 3,3-Liter-V6 mit 370 PS) sowie ein 2,2-Liter-Turbodiesel mit 200 PS. Die Motoren sind vorne längs eingebaut, angetrieben wird hinten, die 8-Stufen-Automatik ist serienmäßig. Beim Thema Hybridtechnologie – "wir arbeiten daran" – gab sich Schreyer bedeckt. Das Fahrwerk verfügt über Mac-Pherson-Federbeine vorne und Mehrlenkerachse hinten, und worauf sich Schreyer freut: "Wir müssen noch viel am Nürburgring testen!"

Der Allradantrieb des Stinger kommt von Magna aus Österreich.
Foto: Kia

Der Stinger, als viertüriges Coupé mit Heckklappe konzipiert, erlaubt vorne wie hinten schmerzfreien Einstieg, bietet fast fürstlich viel Platz und sogar ausreichend Kopffreiheit, wie eine erste Sitzprobe ergab. Den Abschluss bildet ein wuchtiges Heck mit zwei Doppelendrohren – und nein, leider: Kombi oder ein zweitüriges Coupé stehen in keinem Lastenheft. Aufgefallen ist uns noch die fast konservative Gestaltung des Armaturenbretts, da gibt's kein modisches Wisch-wisch-Theater.

Nach Österreich kommt der Stinger GT im Oktober, die Preise bleiben noch ein Geheimnis. (Peter Urbanek, 1.2.2017)

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