Ob ein Posting gelöscht wird oder nicht, hängt auch vom allgemeinen Diskussionsverlauf ab.

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Hat DER STANDARD einen Betriebsrat? Was ist der Unterschied zwischen einem Start-up und einer klassischen Unternehmensgründung? Warum sind die Foren nicht geschlossen? Fragen in unseren Foren werden genug gestellt – und wir sind bemüht, diese auch zu beantworten: Die Präsenz der Mitarbeiter des STANDARD ist in den Foren in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Das Communitymanagement unterstützt dabei den Austausch zwischen den Usern und der Redaktion, beantwortet Fragen und gibt Hinweise bei unklaren Formulierungen oder Fehlern im Text an die zuständigen Redakteure weiter.

Unterstellungen statt Argumente

Wer partizipiert, mitdiskutiert und mitliest, der stolpert früher oder später über Postings, die Anschuldigungen enthalten – derzeit besonders in den Außenpolitik-Foren. So zum Beispiel: "Posten Sie aus St. Petersburg?", "Sie sind doch vom Pentagon bezahlt!", "Putin Trollarmee Stelldichein" oder "bezahlter (bitte selber einsetzen)-Troll".

Gewiss, hinter diesen Beschuldigungen mag vereinzelt ein wahrer Kern stecken: Wie 2014 bekannt wurde, hat beispielsweise die Wiener PR-Agentur Modern Mind Marketing in den vergangenen Jahren für Kunden wie die ÖBB, die Bank Austria und die ÖVP Wien bezahlte Jubelpostings in Onlineforen platziert. Auch wurde über bezahlte Kommentatoren aus Russland berichtet.

Selbstverständlich sind öffentliche Foren, genauso wie sämtliche Social-Media-Plattformen, attraktiv, um bezahlte Postings zu lancieren. In den Foren von DER STANDARD gibt es allerdings keine Hinweise auf ein gehäuftes Auftreten. Dennoch scheint ein so großes Misstrauen vorzuherrschen, dass User mit anderen Ansichten als der eigenen bereits unter Generalverdacht gestellt werden, bezahlt zu sein. Eine derartige Unterstellung lenkt die Diskussion weg von sachlichen Inhalten und hebt diese auf eine persönliche Ebene.

Das Gleiche lässt sich mit pauschalen Unterstellungen wie "Putin-Fanklub", "Trump-Fan" oder "Assad-Jünger" beobachten. Daher ist es sinnvoll, als Communitymanager dort einzugreifen, um die Pluralität in den Foren zu gewährleisten.

Ähnlich wie der Vorwurf, bezahlt zu sein, oder die Einordnung zu einem "Fanklub" bremst das Verwenden bestimmter Schlagwörter eine Diskussion aus und verunsachlicht diese. Bestimmte Ausdrücke oder Floskeln spielen in Onlinediskursen eine nicht unwesentliche Rolle, vor allem, wenn sie bei jeder Gelegenheit aufgegriffen und geradezu inflationär genutzt werden. Hier ein "linkslinker Gutmensch" und "Linksdepp", dort ein "Brauner" und "Rechtsdepp".

Hinzu kommen medial aufgegriffene Schlagwörter, die dann auch in den Foren omnipräsent sind: hier ein "Hassposting", dort "Fake News" oder "alternative Fakten". Wie falsche Begriffe falsches Bewusstsein schaffen, hat unlängst Sama Maani in seinem Blog in Bezug auf "Islam", "Islamismus" und "Islamophobie" geschrieben. Und auch die Wiener Medienanwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD vertritt, hat sich zuletzt dagegen ausgesprochen, den Begriff "Fake News" zu verwenden, weil dieser "eigentlich nur verschleiernd wirkt und zur Begriffsverwirrung führt." Mittlerweile wird der Begriff für ziemlich alles verwendet, so beispielsweise, wenn journalistische Fehler passieren. Als Journalisten die Verlesung der Anträge vor dem Bundesverfassungsgerichtshof mit dem Urteil verwechselten und "NPD verboten" meldeten, verbreitete sich der "Fake News"-Vorwurf trotz schneller Fehlerkorrektur rasch.

Eine kleine Unsachlichkeit

Wer regelmäßig in den Foren liest, dem fallen früher oder später Postings auf, die inhaltlich in Ordnung sind, aber dennoch einen kleinen "Schönheitsfehler" haben, weil sie teilweise derb formuliert sind. Besonders häufig finden sich derartige Äußerungen am Ende eines Postings, sozusagen als ein letzter, polemischer und beleidigender Seitenhieb, den man sich dann doch nicht verkneifen konnte. So etwa in diesem Fall, in dem es um den Twitter-Text der Polizei Sachsen nach der Festnahme des Chemnitzer Terrorverdächtigen geht.

Es liegt im Wesen der Debatte, dass diese nicht emotionsfrei abläuft. Onlineforen mögen auch eine Art Psychohygiene darstellen und damit Usern helfen, ihr unmittelbares Umfeld im realen Leben vor emotionalen Ausbrüchen zu schonen. Bleibt also die Frage: Löschen oder stehenlassen? Denn folgt man streng den Forenrichtlinien, so ist der Abschluss des Postings eine Beleidigung. Bedenkt man allerdings, dass das Posting grundsätzlich in Ordnung ist und nur mit dem abschließenden Satz etwas schwächelt, soll es dann dennoch gelöscht werden? In diesem genannten Beispiel reichte ein kurzer Hinweis der Moderation.

Wann und wie oft gelöscht wird

Letztlich hängt die Entscheidung, ob ein Strang online bleibt oder gelöscht wird, von mehreren Faktoren ab: Überwiegt der sachliche Inhalt? Wie viele User haben auf das Ausgangsposting reagiert, wie ist der Verlauf der Diskussion? Wie verhält sich der User allgemein, der mit seinem Posting aufgefallen ist?

Die Antworten auf diese Fragen geben eine Orientierung, ob etwas gelöscht oder kommentiert wird. Eine verstärkte Partizipation in den Foren senkt die Löschquote und ermöglicht es, Postings, die nicht vollständig den Qualitätskriterien entsprechen, zu kommentieren. Seit Jahren ist der Anteil der gelöschten Postings in den Foren von DER STANDARD rückläufig: 2016 wurden knapp fünf Prozent gelöscht. Kommentieren von Postings, anstatt diese zu löschen, das wird von der Community auch verstärkt wahrgenommen und positiv aufgenommen. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass Antwortpostings so erhalten bleiben.

Ihr persönlicher Eindruck

Das Forum ist ein virtuelles Treffen, in dem viele verschiedene Meinungen aufeinandertreffen, eine Art Zuhause für User. Warum fühlen Sie sich in unseren Foren wohl? Wie empfinden Sie die Stimmung in den Foren? Was fällt Ihnen positiv auf, was negativ? (Sophie Niedenzu, 20.2.2017)