Kopflos in der Pyramide: "Not My Revolution, if ...: Die Geschichte der Angie O." thematisiert eine Zeit, in der "selbst Wohltätigkeit zum ökonomischen Faktor und Aktionismus zur innovativen Produktivkraft" werden.

Foto: Noah Fischer

Wien – Erstens ist die Berliner andcompany samt Co. lustig, zweitens wirft sie sich bevorzugt auf politische Themen, und drittens steckt in jedem von ihr veranstalteten Pop-Brimborium eine gewisse Härte.

Das gilt auch für die jüngste Produktion Not My Revolution, if ...: Die Geschichten der Angie O. der 2003 gegründeten Theaterperformancegruppe, zu sehen am Donnerstag und Freitag im Brut-Theater.

Wenn jemand das Wortspiel Angie O. – NGO wahnsinnig originell findet, ist das auch okay. Wie sonst als mit Schenkelklopfern soll man sich über jene Nichtregierungsorganisationen lustig machen, die ihre Reputation blind aufs Spiel setzen?

Sensationell, wie wir Westler es immer wieder schaffen, Schwachsinn zu sagen und zu tun. Nicht nur die eindeutig Bösen, nein, auch jene vor allem von ihrer eigenen Bewegtheit faszinierten Guten, die oft mehr Schaden anrichten, als Nutzen stiften.

Widersprüche

Berichte darüber gibt es immer wieder – wie unter anderem im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe in Griechenland. Allerdings wird ein Gutteil der Kritik an den NGOs auch von jenen lanciert, denen solche Organisationen in die Quere kommen. Dem schließen sich andcompany & Co. sicherlich nicht an.

Vielmehr geht es im "Agit-Musical" um einen Menschentyp (repräsentiert von der fiktiven Akivistin Angie O.), der Engagement mit Anmaßung oder Investment verwechselt und es dadurch verspekuliert. Die Geschichten dieser Angie behandeln die "Widersprüche des neoliberalen Zeitalters", in dem "selbst Wohltätigkeit zum ökonomischen Faktor und Aktivismus zur innovativen Produktivkraft" werden.

Wo ist der Weg aus diesen Widersprüchen? Die anarchistische Feministin Emma Goldman (1869-1940) wird oft mit dem Satz zitiert: "If I can't dance, it's not my revolution!" Die andcompany hat zwar für ihren Stücktitel das "dance" daraus weggepunktet, aber wir verstehen es trotzdem und misstrauen jedem, der nicht helfen, sondern nur auf allen Hochzeiten tanzen will. (Helmut Ploebst, 31.1.2017)