London – Die britische Regierung hat posthum Tausende Männer begnadigt, die wegen ehemals unter Strafe gestellter homosexueller Handlungen verurteilt wurden. Wie das britische Justizministerium mitteilte, können auch lebende Verurteilte durch das sogenannte Turing-Gesetz auf eine nachträgliche Begnadigung hoffen. Sie müssen allerdings offiziell darum ersuchen.

Damit soll nach Angaben der Regierung verhindert werden, dass Straftäter begnadigt werden, die wegen sexueller Handlungen mit Minderjährigen oder wegen sexueller Übergriffe verurteilt wurden.

Reaktionen: "Meilenstein", aber auch Kritik

Der Verband "Stonewall", der sich für die Akzeptanz sexueller Vielfalt in Großbritannien einsetzt, begrüßte das Inkrafttreten des Turing-Gesetzes. "Das ist ein wichtiger Meilenstein, der helfen wird, einen Strich unter den Schaden zu ziehen, der in Tausenden von Leben angerichtet wurde", hieß es von Seiten des Verbands.

Kritiker hatten zuvor geklagt, die lebenden Opfer einer ungerechten Justiz würden durch die Pflicht, um Begnadigung zu ersuchen, nochmals gedemütigt. Außerdem sei der Begriff "Begnadigung" nicht angemessen für Taten, die niemals strafbar hätten sein sollen.

Hintergrund

Das Gesetz ist nach Alan Turing benannt, einem britischen Mathematiker, der während des Zweiten Weltkriegs wesentlich dazu beitrug, den deutschen Enigma-Code zu entschlüsseln. Er wurde 1952 wegen "grob unsittlicher Handlungen" verurteilt und einer chemischen Kastration unterzogen, in deren Folge er an einer Depression erkrankte. Zwei Jahre später nahm er sich das Leben. Erst 2013 wurde der Kriegsheld von der Queen posthum begnadigt. (APA, red, 1. 2. 2017)