Lebt teils in Nötsch, teils in Paris und malt gleichsam Stillleben des Stilllebens: Alex Amann mit "O.T.", gemalt 2012/13, Öl auf Leinwand, zu bewundern in Klagenfurt.


Foto: Ferdinand Neumüller

Klagenfurt – Das Obst ist längst gegessen, die Blumen sind verwelkt, der Hummer war vorher schon tot. Das Stillleben in der Malerei war immer schon ein Nachruf auf seine Motive und eine Feier ihrer vergangenen Schönheit. Das trifft in gedoppelter Weise auf die delikaten Stillleben des teils in Paris, teils in Nötsch lebenden Alex Amann zu, die gleichsam Stillleben des Stilllebens sind.

Henri Fantin-Latour wäre bei ihrem Anblick verwirrt gewesen. Die Tischdecken sind immer noch weiß, die Pinselstriche von geradezu kulinarischer Sinnlichkeit, nur die Gedecke nicht mehr aus getriebenem Silber oder geschliffenem Glas, sondern von moderner Schlichtheit.

Wundersame Vielfalt

"Das Stillleben ist tot! Es lebe das Stillleben!", scheinen diese Bilder zu rufen. Der Ruf ist an das Ohr von Christine Wetzlinger-Grundnig gedrungen, der Direktorin des Museums moderner Kunst Kärnten (MMKK), die unter dem Titel Unheimlich schön. Stillleben heute nun bis 14. Mai einen erstaunlich reichen und wundersam vielfältigen Querschnitt an künstlerischen Arbeiten präsentiert, die sich, mehr oder weniger explizit, mit dieser traditionsreichen Gattung der Kunstgeschichte in Bezug setzen lassen.

Es sind Versatzstücke der Natur, isolierte Relikte des Alltags, die von den 16 beigezogenen Künstlerinnen und Künstlern in den unterschiedlichsten Techniken durchaus stilllebenartig thematisiert werden.

Der Totenkopf, als das gebräuchlichste Vanitas-Symbol des konventionellen Stilllebens, ist in Stefan Waibels Leuchtdrahtinstallation einer übermannshohen Wiese in den Giftstacheln der Insekten präsent. Theres Cassini legt Blüten ins Gefrierfach, taut sie wieder auf und druckt die daraufhin regelrecht verfließende Farbenpracht auf Plexiglasplatten, versehen mit markanten Daten der Umweltsünden unserer Konsumgesellschaft.

Dauergast namens Tod

Oder: Vom Obststillleben bleiben in Sonja Gangls Bleistiftzeichnungen die gepressten Kartons im Papiercontainer. Einen Plastikkorb mit Erdbeeren verfolgt Bernadette Huber vom appetitlichen Regalzustand bis zur saftelnden Verrottung zu Hause. Immer schaut hinter allem irgendwo der Tod hervor. Wie Waibel am Donnerstag bei der Präsentation der Ausstellung stellvertretend für viele der gezeigten Positionen meinte: "Wir haben die Sorgfalt verloren, und mit ihr die Natürlichkeit. Es ist, als ob wir am Meer in einem Boot säßen, das ein Leck hat, das Wasser reicht uns bereits bis zu den Knien, und wir finden immer noch alles normal."

Cornelius Kolig, der mit einer Installation seines Arbeitstisches samt der Vorlage eines Blaurackenflügels in Anspielung auf Albrecht Dürer vertreten ist, verweist gerne darauf, dass die von uns so gerne betrachteten Blüten die Geschlechtsorgane der Blumen sind. Das ist im Kontext des Stilllebens von besonderer Relevanz, weil hier Werden und Vergehen, Geburt und Tod in eins gesetzt sind.

Karin Pliems großformatige Blütenkosmen, die erstmals in Österreich gezeigten, technisch hochraffinierten Hinterglasmalereien Thilo Westermanns, Gerhard Langs kunstvoll erzeugte Schattenblumen, Thomas Stimms lackierte Aluminium-Erdbeeren oder Christy Astuys in Öl gemalte, filigrane Pflanzenarrangements gehören hierher.

Einen Sonderplatz nimmt in diesem Zusammenhang freilich Barbara Putz-Pleckos Ausgestaltung der ausnahmsweise in die Ausstellung einbezogenen Burgkapelle ein. Ihre Rauminstallation SchnittBlume Rose von 1998 fügt sich im immer schönen, rosigen Ineinander von Fleisch und Blüten spektakulär nicht nur zum Thema, sondern auch zur barocken Formenpracht des Raumes. (Michael Cerha, 1.2.2017)