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2014 in London: der damals größte und kleinste Mensch auf Erden (links der inzwischen verstorbene Chandra Bahadur Dangi, rechts Sultan Kosen).

Foto: APA/EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA

Wien – Niederländische Männer und lettische Frauen sind verhältnismäßig groß, indonesische Männer und bolivianische Frauen aber eher klein. Derartige Rankings sind bekannt und lassen natürlich Rückschlüsse auf Umwelteinflüsse beim Wachstum eines Kindes zu. Im Westen wird man tendenziell größer. Die zentrale genetische Komponente des Körperwachstums wurde nun in einer Studie mit über 700.000 Teilnehmern näher untersucht, in der allen Probanden DNA entnommen wurde.

Dabei wurden nicht weniger als 83 seltene genetische Variationen entdeckt, die die Körpergröße beeinflussen. Obwohl man mehrere Hundert genetische Veränderungen mit ähnlicher Wirkung bereits kennt, scheinen es genau die neu erkannten Modifikationen zu sein, die den Unterschied machen – sie dürften laut Studien entscheidend sein, ob Menschen zwei Zentimeter größer oder kleiner sind.

Die Größe von Erwachsenen wird durch Erbinformationen bestimmt, die in unserer DNA enthalten ist. Deswegen werden Kinder von großen Eltern auch groß oder wachsen sogar über sie hinaus. Die von der Queen Mary University London, dem Montreal Heart Institute, dem Broad Institute in Boston und der University of Exeter im Südwesten Englands durchgeführte Studie bietet nun neue Einblicke auf das menschliche Skelettwachstum, die über dieses Wissen deutlich hinausgehen. Die identifizierten Gene sollten helfen, das Risiko von Wachstumsstörungen abzuschätzen und nähren die Hoffnung, mit Ansätzen der personalisierten Medizin gegen Wachstumsstörungen vorzugehen. Drei bis fünf Prozent alle neugeborenen Kinder sind davon betroffen.

Von der vollständigen Beantwortung der Frage, welche genetischen Faktoren die Körpergröße beeinflussen, scheint man dennoch noch weit entfernt zu sein. Man spricht von einem Viertel des eigentlich notwendigen Wissens. "Ein faszinierender, aber immer noch schlecht verstandener Teil der menschlichen Biologie", wird Andrew Wood von der University of Exeter zitiert.

Die Studie hebt auch neue Genkandidaten und biologische Wege hervor, die am Wachstum beteiligt sind. Die Forscher konzentrierten sich etwa auf zwei Veränderungen, die in einem Gen namens STC2 gefunden wurden. Nur bei einer Person von tausend konnte diese Abwandlung identifiziert werden. Die Wissenschafter betonten, von etwaigen klinischen Anwendungen noch weit entfernt zu sein. Guillaume Lettre von der University Montreal meinte, man habe die Größe von Erwachsenen genützt, um deutlich zu machen, wie unterschiedlich Menschen sind.

Die Studie, die die bisher größte ihrer Art ist, wurde mit Daten der britischen Biobank durchgeführt, in der auch Lebensstil und Krankheiten dokumentiert sind. Die Probanden wurden über einen längeren Zeitraum begleitet. (red, 2.2.2017)