Birte Meier scheiterte mit ihrer Klage wegen ungleicher Bezahlung von männlichen Kollegen. Weil sie nicht fest angestellt sei, könne sie sich nicht mit Redakteuren vergleichen, begründete das Gericht. Dass sie möglicherweise die gleichen Aufgaben erledigte, spielte keine Rolle.

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Den Schritt, den Birte Meier gewagt hat, tun nicht viele: Die deutsche Reporterin verklagte ihren Arbeitgeber, das ZDF, wegen Diskriminierung und ungleicher Bezahlung gegenüber ihren männlichen Kollegen. Im Gespräch mit einem Kollegen hatte sie erfahren, dass er netto mehr verdient als sie brutto – und das mit weniger Berufserfahrung. Zuvor hatte Meier jahrelang versucht, im Einvernehmen eine bessere Bezahlung zu verhandeln.

Beim Berliner Arbeitsgericht forderte Meier 70.000 Euro Entschädigung. Auf das zuvor vom ZDF gemachte Angebot eines Vergleichs, unter der Bedingung, dass sie ihre Mitarbeit beendet, wollte die Journalistin nicht eingehen. Meier ließ es auf einen Richterspruch ankommen und verlor.

Beschäftigungsverhältnis ausschlaggebend

Das Gericht begründet dies mit dem Beschäftigungsverhältnis: In Meiers Vertrag ist geregelt, dass sie 40 Stunden pro Woche für das ZDF arbeitet, allerdings gilt sie dennoch als freie Mitarbeiterin – im Journalismus eine häufig gegebene Arbeitsrealität. Laut Berliner Arbeitsgericht kann Meier ihr Gehalt nicht mit dem eines fest angestellten Kollegen vergleichen, weil sie nicht den gleichen Status habe.

Das europäische Recht ist hier etwas weiter: Für die Entscheidung über Gleichbehandlung bei Gehaltsfragen müssten die reinen Tätigkeiten verglichen werden – das empfiehlt zumindest die Kommission. Wenn keine Unterschiede bestehen, dann darf die Frau nicht weniger entlohnt werden.

Kaum Fälle vor österreichischem Gericht

Auch in Österreich sei der Vergleich, der dann vor Gericht stattfindet, in der Regel schwierig, sagt Bianca Schrittwieser von der Abteilung Frauen und Familie in der Arbeiterkammer Wien. "Es hängt vom jeweiligen Sachverhalt ab und da spielen Dinge wie Ausbildung, Arbeitserfahrung, Verantwortung eine Rolle." Ganz allgemein gebe es nur sehr wenig Judikatur zu diesem Thema in Österreich. "Die Dunkelziffer an Betroffenen ist sicher höher, aber nur wenige Frauen gehen wirklich vor Gericht. Vor allem nicht, wenn ein aufrechtes Dienstverhältnis besteht."

Eine große Rolle spiele dafür sicher auch, dass es oft gar nicht möglich sei, an die Info, dass ein männlicher Kollege mehr verdient, zu kommen. Schrittwieser verweist hierbei auf die Einkommensberichte, die Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern alle zwei Jahre erstellen müssen. Frauen, die sich beim Gehalt diskriminiert fühlen, rät Schrittwieser zunächst mit dem Betriebsrat zu sprechen, weil dieser in die Gehaltsdaten Einsicht nehmen kann. "Auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft kann hierzu Auskunft geben und man kann sich natürlich auch an die Gewerkschaft oder an die Arbeiterkammer wenden." Wird Diskriminierung tatsächlich nachgewiesen, dann muss die Gehaltsdifferenz (bis zu drei Jahre rückwirkend möglich) erstattet werden, außerdem habe man Anspruch auf immateriellen Schadenersatz, sagt Schrittwieser.

Klägerin gibt nicht auf

Zurück nach Deutschland: Der für den Fall zuständige Richter wurde von den Anwälten von Meier stark kritisiert, er habe selbst mehrere Male Aussagen gemacht, die als geschlechtsdiskriminierend gelten können, schreiben sie auf ihrer Homepage. Auf die Frage der Klägerin, warum es Männer in der Redaktion gebe, die weniger Berufserfahrung hätten als sie und trotzdem mehr verdienten, habe der Richter beispielsweise geantwortet: "Weil die Kollegen besser verhandelt haben? Das nennt man Kapitalismus." Es sau außerdem zu der Äußerung gekommen, dass mögliche Schwangerschaften eine legitime Ursache für die Schlechterbezahlung von Frauen sein könnten. "Trotz der offensichtlichen Voreingenommenheit des Richters hat die Klägerin darauf verzichtet, gegen Richter Ernst einen Befangenheitsantrag zu stellen und auf diese Weise das Verfahren in der ersten Instanz weiter zu verzögern", heißt es von den Anwälten. Meier gehe es jetzt darum, das Verfahren so schnell wie möglich vor eine höhere Instanz zu bringen, sollte zuvor keine Einigung mit dem ZDF erzielt werden. (lhag, 3.2.2017)