PRO: Zu viel der Ehre

von Conrad Seidl

Alle Jahre wieder derselbe Tanz um das Tanzvergnügen der Freiheitlichen und ihrer burschenschaftlichen Anhänger in der Hofburg: Es passt vielen Menschen nicht, dass sich da die akademisch gebildete Elite des rechten Lagers mit ihren Damen zu einem Fest versammelt, auf dem man fein unter sich ist. Und das in der Hofburg, wo einst der Kaiser feierte!

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sehr zu Recht auf diesen Zusammenhang hingewiesen: Die Hofburg ist alles Mögliche, von Konferenzzentrum über Büro- und Wohngebäude (es ist nicht nur das Präsidentenbüro dort untergebracht) bis hin zur Touristenattraktion – nur Symbol für Demokratie ist gerade der frühere Amts- und Wohnsitz des Kaisers nicht.

Entspannt meint der Bundespräsident daher, dass man die Leute halt dort tanzen lassen soll – ohne besondere Gesinnungsprüfung (die findet beim Ärzte-, Jäger- oder Kaffeesiederball ja auch nicht statt) und ohne übertriebenen Wirbel. Denn man kennt das Muster: Je weiter eine Gruppe zum Extremen neigt, desto wehleidiger stilisiert sie sich zum Opfer von Ausgrenzung ("die neuen Juden" nennt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sich und seine Festgemeinschaft). Je mehr Menschen gegen sie demonstrieren, je mehr es bei den Demos zu Gewalt kommt, desto mehr Sympathien bekommen die, die sich zu Opfern stilisieren, von unbeteiligten Dritten. Und das ist zu viel der Ehre. (Conrad Seidl, 2.2.2017)

KONTRA: Le Pen käme nicht ins Beisl

von Fabian Schmid

Es mag stimmen, dass die Prunkräume der Hofburg auf dem Papier nichts mit der Präsidentschaftskanzlei zu tun haben und von einer privaten Firma vermietet werden. Das ändert aber nichts an ihrer Symbolkraft. Die teils rechtsextremen Ballgäste werden die prachtvollen Räumlichkeiten im Zentrum der Stadt genießen und einen Propagandanutzen aus den entstandenen Fotos und Videos ziehen. Die französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National wäre wohl nicht zum Akademikerball gekommen, wenn er im Keller einer Burschenschaft oder in einem Beisl stattgefunden hätte. Außerdem würde die FPÖ Wien, die den Ball veranstaltet, nicht auf der Hofburg als Veranstaltungsort beharren, bedeutete ihr die Symbolik des Ortes nichts.

Immerhin wäre zu erwarten, dass auch die Proteste gegen die Veranstaltung um einiges geringer ausfallen würden, wäre sie nicht in der Hofburg. Doch die "neuen Juden", wie Strache Ballgäste 2012 bezeichnete, nehmen den Weg durch Gegendemos gern auf sich, da sie sich so als Opfer inszenieren können.

Dennoch sind Proteste wichtig: Das Herz der Republik – der Amtssitz des Bundespräsidenten – soll der FPÖ und ihren rechtsextremen Freunden nicht unkommentiert zum Feiern dienen dürfen. Dass Strache die Proteste 2012 tatsächlich mit der "Reichskristallnacht" verglich, zeigte einmal mehr, warum gewaltloser Widerstand nötig ist. (Fabian Schmid, 2.2.2017)