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T-Shirt mit Aufdruck gegen FGM aus einer Kampagne in Schulen in Kenia.

foto: reuters/Modola

Wien – Die Frauen haben mit beträchtlichen gesundheitlichen Einschränkungen zu kämpfen: mit vaginalen Blutungen, wiederholten Harnwegsinfektionen, hohen Komplikationsrisiken bei Geburten, manchmal auch Sterilität – nicht zu vergessen mit dem Verlust genitaler Genussfähigkeit. Auch in Österreich leben tausende Frauen, die als Kinder oder Halbwüchsige genital verstümmelt wurden, also FGM (Female Genital Mutilation) über sich ergehen lassen mussten – und viele kleine Mädchen, denen dies ohne Gegenmaßnahmen vielleicht noch bevorsteht.

"Wie viele betroffene Mädchen und Frauen es in Österreich aktuell tatsächlich gibt, ist unbekannt. Auf alle Fälle sind es wohl deutlich mehr als die 2006 geschätzten 6000 bis 8000", sagte Petra Bayr, SPÖ-Sprecherin für globale Entwicklung, bei einer Pressekonferenz mit Expertinnen anlässlich des kommenden Montag begangenen internationalen Tages gegen weibliche Genitalverstümmelung. Sie forderte die Bundesregierung auf, im Rahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit mehr Projekte zur Bekämpfung von FGM zu unterstützen. Derzeit geschehe dies nur im Rahmen eines einzigen Projekts in Äthiopien.

In Teilen Afrikas und Asiens

Bei FGM wird, je nach Eingriffstyp, die Klitoris an- oder abgeschnitten, die Schamlippen werden entfernt oder die Vagina wird zum Teil oder ganz zusammengenäht. Verbreitet ist die Genitalverstümmelung bei Frauen in einer Reihe nord- und westafrikanischer Staaten. In Somalia etwa sind 98, in Guinea 97, in Ägypten 91, in Sierra Leone 90 Prozent aller erwachsenen Frauen genital verstümmelt. Auch im Irak wird FGM häufig praktiziert, in Syrien hingegen nicht. Zuletzt rückte darüber hinaus die Lage in Indonesien und Malaysia in den Fokus. In Indonesien soll ein Drittel der Frauen betroffen sein.

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit rund 200 Millionen Frauen genital verstümmelt. Ihre Zahl steigt, obwohl die FGM-Häufigkeit in den meisten Staaten infolge von Strafbarkeit und Aufklärungskampagnen rapide sinkt: Die Weltbevölkerung nehme rascher zu, als die Kampagnen wirkten, sagte Bayr.

Traditionell oder religiös gerechtfertigt

Durch die Einwanderung ist die bis zu 5000 Jahre alte, traditionell oder religiös gerechtfertigte Praxis auch in Europa zunehmend zum Thema geworden. In Österreich, so Bayr, gebe es eine Reihe Beratungsstellen für betroffene Frauen – etwa das Frauengesundheitszentrum FEM Süd in Wien. Dort, wo Verdacht besteht, dass ein Mädchen zwecks Beschneidung auf Heimaturlaub geschickt werden könnte, würden die Jugendämter aktiv.

Auch gilt FGM in Österreich als schwere Körperverletzung, die erst mit dem 28. Lebensjahr des Opfers zu verjähren beginnt – also als ein Verbrechen. Doch Aufschluss, ob bereits Verfahren oder Verurteilungen wegen FGM stattfanden, gibt es nicht. Das werde nicht extra erhoben, heißt es dazu im Justizministerium. (bri, 3.2.2017)