Markus Zett spielt den Musikavantgardisten Morton Feldman.

Foto: Tim Tom

Wien – Was Yosi Wanunu in seinem neuen Stück Morton Feldman Says darstellt, sieht erst recht einfach aus: wie überraschend goschert Feldman (1926-1987), mit John Cage einer der wichtigsten US-amerikanischen Musikavantgardisten, als Interviewpartner war. Aber was ist schon jemals wirklich einfach in den Arbeiten des Wieners Wanunu und seines Toxic-Dreams-Performancelabels gewesen? Gar nichts. So verhält sich's auch hier, wie noch bis Samstag im Tanzquartier Wien zu sehen und hören ist.

Da sitzt der Schauspieler Markus Zett als Morton Feldman mitten in einer mit ziegelrotem Teppichboden ausgelegten Zentralbühne – rundum das Publikum – auf einem runden Klavierhocker. Der wiederum ist auf ein Podesterl gestellt, das sich ununterbrochen dreht. An die Wände werden abstrakte Bildmotive projiziert, die der Tanzquartier-Halle G einen Hauch von Rothko Chapel, so der Titel eines Hauptwerks des Meisters, verleihen.

Zett trägt eine senfgelbe Schnürlsamthose, einen Pulli mit Rechteckmuster, darunter ein ziegelrotes Hemd. Und natürlich die berühmten Glasbatzen mit dickem schwarzem Rand, die dem Blick etwas Unnahbares geben – wie sie später in den Nullerjahren als Kunsthipster-Accessoire so manches Antlitz heillos veredelten.

Spitz- und leichtzüngig

Ins Publikum mischen sich vier Personen, die Interviewer mimen. Darunter Wanunu selbst, dann noch Anna Mendelssohn, Anat Stainberg und Susanne Gschwendtner. Sie lesen vom Blatt. Feldman dagegen brilliert zettelfrei, zu Beginn etwas angespannt, stets aber spitz- und leichtzüngig. Ganz ein Spieler, der dem Quartett der Fragenden immer wieder ausbüxt.

Der Einsatz dieses humorlosen Kleeblatts wirkt als Satire auf jene Kunstgelehrten, die Kunstschaffende mit Freuden in Festlegungen locken. Zum Beispiel: "Zählen Sie sich selbst zu den Minimalisten?" Das Schematische an derlei Fragen streicht Wanunu durch Wiederholungen und chorische Synchronität heraus. Dadurch wirkt diese Art von Neugier freilich peinlich. Aber im Grunde will dann doch jeder so etwas wissen, und Journalistinnen wie Journalisten wissen das.

Glass und Reich? Showbiz!

Feldman streckt Arme und Beine in tänzerischer Pose von sich und ruft mit pikiertem Lächeln: "Als Komponist wollte ich immer wie Fred Astaire sein!" Kunstpause, dann mit gesenkter Stimme: "Natürlich halte ich mich überhaupt nicht für einen der Minimalisten." Vertreter dieser Musikrichtung wie Steve Reich und Philip Glass zählten bloß zum Showbusiness, meint er neckisch.

Morton Feldman Says ist eine spritzige Kompilation von derlei provokanten und verspielten Äußerungen des Sohnes jüdisch-ukrainischer Immigranten, der im New Yorker Stadtteil Queens geboren wurde. Musikalisch werden Feldmans Sager mit Klängen des Komponisten Martin Siewert umgarnt, die als Paraphrasen auf dessen Werk zu verstehen sind. Im Stück passen die gewitzten Äußerungen des Amerikaners so gar nicht zum meditativen Charakter seiner Arbeit. Doch dieser Witz ist Feldmans wirksame Waffe gegen pathetische Annäherungsversuche. Begeisterter Applaus im Tanzquartier. (Helmut Ploebst, 3.2.2017)