Proteste nach Trumps Angelobung am 21. Jänner.

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Am Tag nach Donald Trumps Angelobung marschierten hunderttausende Menschen in Washington und der ganzen Welt für die Rechte der Frauen und im Protest gegen den Sexismus, der ins Weiße Haus eingezogen ist. War Feminismus noch lange Zeit das F-Wort, sprechen sich nun Prominente, Politikerinnen und Politiker offen für die Rechte der Frauen und den gegenseitigen Respekt aus – alles im Angesicht des Pussy-Grabbers. Könnte Trumps frauenverachtende Gesinnung endlich den Feminismus aus seinem Dornröschenschlaf küssen?

Feministische Bewegungen verlaufen nicht linear, sie verlaufen in Wellen, so Susan Faludi in ihren 1991 erschienenen Buch "Backlash". Mehr noch, kaum hat eine Frauengeneration sich ein Stück ihrer Rechte erkämpft, hält die nächste Generation die Bemühungen schon für unnötig und übertrieben. Bereits nach der ersten Welle der Frauenbewegung am Beginn des 20. Jahrhunderts meinten Frauen, ihr Ziel erreicht zu haben, als sie das Wahlrecht errungen hatten. Diese Gegenreaktionen – "Backlashes" laut Faludi –, die den Feminismus als überholt und Feministinnen und Feministen als hysterische Fanatikerinnen und Fanatiker hinstellen, tauchten bereits damals auf, als aus unserer heutigen Sicht die größten Errungenschaften des Feminismus noch immer ausstanden.

Das F-Wort

Das Stereotyp der BH-verbrennenden, demonstrierenden Frau der zweiten Welle des Feminismus in den 1960ern und 1970ern hält sich noch immer als das hartnäckigste Klischee des Feminismus. Dieses Bild ist noch immer Teil der Nachwehen des Backlashs gegen diese zweite Generation von Feministinnen und Feministen, der bis heute andauert.

So heftig der Aufschrei gegen die ungleiche Behandlung von Frauen, gegen Vorstellungen von Weiblichkeit und Sexualität war, so heftig war auch dessen Ablehnung. In den Medien und der Popkultur der 80er und 90er wurde das Schlagwort "Postfeminismus" laut, das wie kein anderes die Überholtheit des Feminismus ausdrücken soll. Wir sind postfeministisch, postmodern und postfaktisch, aber stehen wir deshalb wirklich alle außerhalb dieser Konzepte?

Der Sexismus schlägt zurück

Die 80er und 90er sahen einen Aufschwung des neuen, alten Typs Frau à la Bridget Jones, deren Emanzipation sie nicht zur Selbstbestimmung, sondern doch nur wieder auf die Suche nach Prince Charming gebracht hat. Girlie Culture, Barbie und Lippenstift waren zurück, beliebter denn je, und mit ihnen der Sexismus. Frauen hatten alles, was sie je gewollt hatten, gleiche Karrierechancen, gleiche Rechte, gleiche Freiheiten – warum weiter kämpfen? So gerne Feministinnen und Feministen ihre Arbeit auch als getan sehen würden – es hat sich gezeigt, dass in dieser postfeministischen Atmosphäre der Sexismus und die ungleiche Behandlung von Frauen plötzlich wieder salonfähig geworden sind. Frauenfeindliche Witze, Sexismus in der Werbung, niedrigere Gehälter: Es scheint alles nur halb so wild zu sein in Anbetracht der Tatsache, dass der Kampf um Gleichberechtigung beendet ist. Feministinnen und Feministen, die weiterkämpfen, scheinen die Zeichen der Zeit nicht zu erkennen – oder etwa doch?

So schrecklich es klingen mag, aber Trump könnte die Rettung des Feminismus bedeuten. Wenn in einem Land, das sich rühmt, das fortschrittlichste und demokratischste der Welt zu sein, ein Mann wie Trump Präsident wird, ist die Frage vom Tisch, ob wir Feminismus noch brauchen. Ja, unbedingt! Nur her damit! Jetzt sofort! Auch werden durch Trumps Politik wertvolle Allianzen zwischen Menschen geknüpft, die selbst innerhalb des Feminismus unterrepräsentiert sind, wie Musliminnen und Muslime, Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner und Hispanics, was den Feminismus selbst mit seinen inhärenten Ungleichheiten konfrontiert. Anscheinend braucht es erst sexuelle Belästigung, wüste Beschimpfungen von Frauen und das Eingreifen in deren Rechte, um den Widerstand der Menschen hervorzurufen, um sich zu verbünden und das Ende des Postfeminismus einzuläuten. (Julia Ritter, 8.2.2017)