Ein Patient mit dem Prototyp der neuartigen Bionik-Prothese, die noch mehr Signale aus dem Rückenmark entschlüsseln kann.

Imperial College of London

London/Wien – "Wenn man einen Arm verliert, ist zwar sozusagen die Hardware verloren, doch die Steuerungssoftware und die Kabeln noch vorhanden", sagt der Plastische Chirurg Oskar Aszmann (Meduni Wien, AKH), der der sich seit Jahren mit "Gedanken-gesteuerten" Armprothesen beschäftigt.

Bis zu 350.000 Bewegungssignale

Bei gesunden Personen werden die Bewegungen von Arm und Hand von bis zu 350.000 Signalen gesteuert und gehen ineinander über. Doch für bisherige bionische Prothesen, die komplexen Bewegungen von Arm und Hand möglichst gut imitieren sollen, konnte man nur einen kleinen Teil der Signale zur Bewegungskontrolle verwenden. Und vor allem bei "hohen" Amputationen einer Gliedmaße (etwa eines Arms an der Schulter) erwies sich die Ableitung der Impulse von Nerven oder aus Muskeln als besonders schwierig.

In diesen Fällen gibt es nun Hoffnung auf Verbesserung: Oskar Aszmann gelang es nämlich gemeinsam mit britischen Kollegen um Dario Farina (Department of Bioengineering des Imperial College London) bei sechs Patienten. die Informationen von aus dem Rückenmark stammenden Neuronen zu entschlüsseln, welche die Bewegungen des Arms kontrollieren. Dazu wurden mit nervenchirurgischen Eingriffen Nerven in den Brustmuskel verlegt und "Bioscreens" geschaffen. Die Muskelanteile dienen als Verstärker.

Erkannte Bewegungsimpulse

Auf diese Weise konnten die Wissenschafter laut ihrer Studie im Fachblatt "Nature Biomedical Engineering" einzelne Bewegungssignale dieser Nervenbahnen wieder erkennbar machen und bestimmten Bewegungen zuordnen. Schließlich zeigte das Forscherteam, dass man diese entschlüsselten Signale für eine feinere intuitive Bewegungskontrolle als bisher verwenden könnte.

Das Ziel der Forscher und ihrer Patienten: ein verbessertes Mensch-Maschine-Interface zur noch komplexeren Steuerung von Bionik-Prothesen. (red, 6.2.2017)