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Steve Bannon hat kein Problem mit düsteren Vorbildern: "Dick Cheney, Darth Vader, Satan, das bedeutet Macht", sagte er in einem Interview.

Foto: REUTERS/JONATHAN ERNST

Es ist ein Film voller apokalyptischer Bilder. Dunkle Sturmwolken ziehen auf, gläserne Bürotürme stürzen ein, ganze Straßenzüge stehen in Flammen. "Es muss Phasen geben, in denen wir uns des Alten entledigen", kommentiert ein Sprecher die Szenen der Verwüstung. Als Steve Bannon den Streifen mit dem Titel "Generation Zero" drehte, waren seit der Finanzkrise gerade einmal zwei Jahre vergangen. Die Pleite von Lehman Brothers, so lautete die Kernbotschaft seines Films, bedeute viel mehr als einen Crash an der Wall Street, nämlich einen Wendepunkt der Geschichte.

Nach seiner Theorie wiederholen sich alle 80 bis 100 Jahre Momente, in denen die alte Ordnung zertrümmert und zugleich der Grundstein für eine neue gelegt wird. Amerikas Unabhängigkeitskriege, der Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten, die Große Depression: Um einen Einschnitt ähnlicher Größenordnung habe es sich bei der Finanzkrise gehandelt, glaubt Bannon.

Vom Spinner zum Strategen

Als der düstere Film produziert war, wurde er zum ideologischen Rüstzeug der Tea-Party-Bewegung, jener rechten Rebellen, die in ihrer Analyse bisweilen ganz ähnlich klingen wie linke Kritiker des Systems. Vom Sozialismus für die Reichen und Kapitalismus für den großen Rest ist in "Generation Zero" die Rede: Verantwortungslose Banker hätten am Glücksrad gedreht, worauf der Steuerzahler mit Rettungspaketen einspringen musste, als es schiefging. Schon damals prägte Bannon die Metapher von "den vergessenen Männern und Frauen", die Donald Trump später in seine Wahlkampfreden einflechten sollte. Nur war er damals noch ein obskurer Populist, bei vielen verlacht als ein rechter Spinner. Heute ist er Chefstratege im Weißen Haus.

Nicht nur, dass Bannon zum ständigen Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat ernannt wurde, was als Tabubruch gilt. Den Minister für Heimatschutz hat er seine Macht bereits spüren lassen. Nachdem Trump verfügt hatte, Bürger aus sieben Ländern mit muslimischer Mehrheit nicht mehr einreisen zu lassen, wies Bannon Exgeneral John Kelly an, den Bann auch dann anzuwenden, wenn einer der Betroffenen eine Green Card besitzt. Worauf Kelly erwidert haben soll, dass er einer Order nur folge, wenn sie vom Präsidenten selber komme.

Typisch für die Seiteneinsteiger, die mit Trump die große Bühne betraten, ist die Biografie des Mannes, der nichts dagegen hat, wenn man ihn mit der finsteren Kinofigur des Darth Vader vergleicht. "Dick Cheney, Darth Vader, Satan, das bedeutet Macht", sagte er einmal im Interview.

In ein irischstämmiges Elternhaus geboren, kreuzt er mit der Marine auf den Weltmeeren, bevor er aus Enttäuschung über Jimmy Carters Iran-Politik an die Wall Street zu Goldman Sachs wechselt, ehe er mit anderen Goldman-Aussteigern eine kleine Investmentbank gründet, die sich aufs Filmgeschäft spezialisiert.

Mit "Seinfeld" zu Geld

Eher unverhofft scheffelt er mit Anteilen an der TV-Sitcom "Seinfeld" ein Vermögen. Später lernt er Andrew Breitbart kennen, den Gründer der gleichnamigen Internetplattform. Nach Breitbarts Tod übernimmt er dessen Website, die er im Wahlkampf zum Propagandainstrument macht.

Wie Bannon die Welt sieht, hat er selten so klar formuliert wie 2014 auf einer Konferenz des Vatikans. Früher, legte er dar, habe der Westen aus einer Ansammlung judäo-christlich geprägter Nationalstaaten bestanden, die eine humane Form des biblischen Kapitalismus praktiziert und kulturell weitgehend homogen gewesen seien. Dann aber habe die "Partei von Davos" Globalisierung, Multilateralismus und Vielfalt gepredigt und so die Fundamente untergraben.

Im Übrigen, orakelte er vor Monaten in einer Radioshow, münde der "existenzielle" Konflikt mit radikalen Jihadisten schon bald in eine große bewaffnete Auseinandersetzung im Nahen Osten. Obendrein "werden wir in fünf bis zehn Jahren einen Krieg im Südchinesischen Meer führen".

Die angebliche Machtfülle Bannons hat US-Medien aufgeschreckt. Die "New York Times" sprach am Wochenende von "President Bannon", das "Time Magazine" stellte ihn als "großen Manipulator" seines Chefs Donald Trump aufs Cover. Das wiederum soll den machtbewussten Trump auf den Plan gerufen haben. Er befahl Bannon angeblich jüngst, nur noch in Absprache mit Stabschef Reince Priebus zu arbeiten. Am Montag fühlte er sich bemüßigt, via Twitter nachzulegen: "Ich treffe die Entscheidungen", stellte er dort klar. (Frank Herrmann aus Washington, 6.2.2017)