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Der Burj Khalifa (rechts) ist das derzeit höchste Gebäude der Erde und besitzt eine Masse von etwa 500.000 Tonnen. Insgesamt hat die Menschheit mittlerweile rund 800 Milliarden Tonnen Material in Gebäude und Infrastruktur gesteckt.

Foto: AP/Kamran Jebreili

Wien – Gemeinhin wird das 20. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Wegwerfgesellschaft charakterisiert. Tatsächlich aber leben wir in einer Anhäufungsgesellschaft. Zu diesem Schluss kommt eine nun veröffentlichte Studie des Instituts für Soziale Ökologie der Uni Klagenfurt, in der erstmals abgeschätzt wurde, wie viel Material weltweit in Gebäuden und Infrastrukturen gebunden ist.

Fridolin Krausmann hat gemeinsam mit seinem Team das Ausmaß der Verwendung von Ressourcen wie Stahl, Kupfer, Aluminium, Bauholz, Beton, Sand, Schotter, Plastik, etc. berechnet und die Dynamik und Effekte dieser Nutzung untersucht. "Es zeigte sich, dass die globalen Materialbestände der Menschheit von 1900 bis 2010 um das 23-fache gestiegen sind", sagte Krausmann.

800 Milliarden Tonnen Material verbaut

Mittlerweile hat die Menschheit knapp 800 Milliarden Tonnen Material in Gebäuden – von der einfachen Bambushütte bis zum Burj Khalifa, dem höchsten Gebäude der Welt – und Infrastrukturen wie Straßen, Leitungen, Maschinen, Autos, etc. angehäuft. Zwei Drittel davon befinden sich in Industrieländern. Die Forscher konzentrierten sich bei ihren im Fachjournal "Pnas" veröffentlichten Berechnungen auf Bestände, die noch in Nutzung sind.

Notwendig für diese Anhäufung war und ist die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen. Entnahm die Menschheit im Jahr 1900 der Natur noch sieben Milliarden Tonnen Rohstoffe, waren es 2010 bereits 78 Milliarden Tonnen. "Mittlerweile wird die Hälfte davon für den Bau oder die Erneuerung von Gebäuden und Infrastruktur benutzt", so Krausmann. Die andere Hälfte entfällt jeweils zur Hälfte auf Nahrung bzw. Futter für Menschen und Nutztiere sowie auf fossile Energieträger, um aus den Beständen Dienstleistungen zu generieren, sagte Krausmann.

Trotz intensiver Bemühungen, die Recycling-Raten zu verbessern, seien diese nach wie vor gering: Nur zwölf Prozent der in den Bestand fließenden Materialien sind wiederverwertete Materialien. Das liege auch daran, dass immer noch zusätzliche Gebäude, Straßen, etc. gebaut werden, die Menschheit also weiter anhäuft. Derzeit wird noch vier Mal mehr neues Material in den Bau neuer Gebäude und Infrastrukturen investiert als auf der Abfallseite wieder herauskommt.

270 Milliarden Tonnen Abbruchmaterial

Die Wissenschafter sind aber überzeugt, dass sich das in naher Zukunft ändern wird: Die Gebäude und Infrastrukturen altern, weshalb allein in den nächsten 20 Jahren 270 Milliarden Tonnen Abbruchmaterial anfallen könnten – so viel wie in den gesamten 100 Jahren davor.

Ebenso ist Krausmann sicher, dass die globalen Materialbestände weiter wachsen werden. In den Industrieländern habe die Dynamik zwar an Schwung verloren, die Schwellenländer, allen voran China, würden aber rasant aufholen. Eine Annäherung dieser Staaten an das Niveau der Industrieländer würde zu einer weiteren Vervierfachung der Materialbestände führen. Die Folgen wären nicht nur eine enorme Zunahme der Materialmengen, sondern auch der CO2-Emissionen bei der Produktion und Nutzung der Bestände.

Um Ressourcen nachhaltig zu nutzen, müssten Wirtschafts- und Infrastrukturwachstum entkoppelt werden, wie es auch von den Vereinten Nationen gefordert wird, schreiben die Wissenschafter in der Arbeit. Dies könnte etwa durch intensivere Nutzung bestehender Infrastrukturen und Gebäude, längere Nutzungszeiten und die bestmögliche Schließung von Stoffkreisläufen erreicht werden. (APA, red, 7.2.2017)