Wien – Mit dem Universitätsgesetz 2002 hätten österreichische Universitäten Autonomie und Vollrechtsfähigkeit erlangt, und genauso lange werde schon über eine Studienplatzfinanzierung diskutiert, sagt Sigrid Maurer, Wissenschaftssprecherin der Grünen, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien. An der aktuellen Diskussion störe sie am meisten, dass es nicht um Studienplatzfinanzierung gehe, sondern eigentlich darum, wie Studienplätze reduziert werden können. "Zu viele Anfänger und zu wenige Absolventen" laute der diesbezügliche Vorwand.

"Dabei liegt Österreich bei der Akademikerquote der OECD vor Slowenien an vorletzter Stelle", ergänzt sie. Das Problem in Österreich sind nicht zu viele Studienanfänger, sondern ist eine zu hohe Drop-out-Quote. 57 Prozent einer Alterskohorte würden in Österreich ein Studium beginnen, im OECD-Schnitt sind es 61 Prozent.

Drop-out-Rate reduzieren

Um die Abschlussrate zu erhöhen, zielt das Modell der Grünen auf zwei Punkte ab. Einerseits soll die derzeitige Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop) durch eine allgemeine Studieneingangsphase im Ausmaß von 60 ECTS ersetzt werden. Diese soll neben allgemeinen Einführungsvorlesungen, die in allen Studienrichtungen gleich sind – als Beispiel nennt Maurer den Bereich wissenschaftliches Arbeiten –, mit fachspezifischen Lehrveranstaltungen aus unterschiedlichen Studienrichtungen ergänzt werden.

Geht es nach den Plänen der Grünen, sollte diese Phase auch hochschulübergreifend möglich sein. Dadurch würde die Studienwahl gezielter erfolgen, und Doppelinskriptionen, die ein Drittel der Drop-out-Rate ausmachen, würden wegfallen. Als zweiter Punkt müsste das Stipendiensystem massiv aufgestockt werden, damit weniger Studierende in die Berufstätigkeit abrutschen.

Budgetverschiebungen nötig

"Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Studienplatzfinanzierung", sagt Maurer. Da diese Finanzierungsform ein radikaler Umbruch mit massiven Budgetverschiebungen bedeute, seien zwei Bedingungen für sie unabdingbar: Erstens brauche es eine vernünftige Übergangsphase, in der Finanzmittel zunächst dorthin fließen, wo die Betreuungsverhältnisse besonders schlecht sind, und zweitens müsse sichergestellt sein, dass die Mittel für die Forschung nicht an die Zahl der Studienplätze gebunden werde. "Sonst würden BWL und Jus die meisten Forschungsmittel bekommen und ausstattungsintensive Bereiche wie Physik würden weniger erhalten", sagt Maurer.

Die möglichen Zusatzkosten für eine Studienplatzfinanzierung ohne Studienplatzreduktion konnte Maurer nicht nennen. "Aber das ist das Problem: Niemand rückt mit Zahlen raus. Weder die Unis, die genau wissen, was ein Studienplatz kostet, noch das Ministerium, das kein Geld rausrücken will." (Gudrun Ostermann, 8.2.2016)