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Bevor Kinder in den Kindergarten kommen, sollten sie einen kompletten Impfschutz vorweisen, fordern Experten.

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Ein verpflichtender Impfschutz für Kinder bei Eintritt in Betreuungseinrichtungen sollte im Gesundheitswesen eigentlich gar nicht mehr zur Diskussion stehen, erklärten Experten kürzlich bei einer Pressekonferenz in Wien.

Am Wochenende hat Volksanwalt Günther Kräuter eine Impfpflicht in Kindergarten und Schulen bezüglich der Masern-Mumps-Röteln-Immunisierung gefordert. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass in Österreich in den vergangenen Wochen bereits mehr Masernfälle als im gesamten Jahr 2016 registriert wurden.

Bei einer Pressekonferenz, veranstaltet vom Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH), gab es dafür Zustimmung. "Der Nachweis eines kompletten Impfschutzes wie in angelsächsischen Ländern und in den USA vor Eintritt in den Kindergarten, in die Schule oder in die Universität wäre absolut sinnvoll. Diese Diskussion ist zu führen", sagte Ursula Köller vom Institut für Labormedizin des Krankenhauses Hietzing und Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Impfen" der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes.

Erkrankungen eliminieren

Die klare Möglichkeit verpflichtender Impfungen für Angehörige des Gesundheitspersonals "steht außer Diskussion", fügte die Expertin hinzu. Der Wiener Impfspezialist und Tropenmediziner Herwig Kollaritsch nannte dazu mehrere Beispiele: "In Süditalien hat man vor einigen Jahren eine Impfpflicht gegen die Hepatitis B eingeführt. Man hat die Hepatitis B damit praktisch eliminiert. Ohne Impfpflicht ehemals bei uns in Österreich wären die Pocken nie ausgerottet worden."

Kollaritsch will beispielsweise auch in Sachen Influenzaimpfung die Ärzte und das Pflegepersonal in die Pflicht nehmen. "Im Bereich des Gesundheitswesens sehen wir hier in Österreich vielleicht Durchimpfungsraten von 15 bis 20 Prozent. In den USA liegt die Influenza-Durchimpfungsrate unter den Ärzten bei 96 Prozent." Die Immunisierung verhindert die Übertragung der potenziell gefährlichen Erkrankung.

Fehlender Herdenschutz

Auf möglichst hohe Durchimpfungsraten und den sogenannten "Herdenschutz" kommt es auch in Österreich immer mehr an, wenn es um die Verhinderung von Krankheitsausbrüchen geht. Säuglinge und Kleinkinder profitieren vom Impfschutz der Älteren, solange sie selbst noch nicht geimpft werden können. Immer mehr Menschen leben mit geschwächtem Immunsystem infolge von Autoimmunerkrankungen mit immunsuppressiven Therapien (das gilt auch für viele Krebskranke). Bei ihnen sind manche Impfungen (Lebendimpfstoffe) oft nicht möglich oder sie sprechen schlechter auf Impfungen an. Für einen "Herdenschutz" sind zumeist Durchimpfungsraten von 95 Prozent (z.B. bei Masern) notwendig.

Schließlich fallen auch Betagte und Hochbetagte unter die wachsende Gruppe der Personen mit einem geschwächten Immunsystem. Bei ihnen sollte penibel auf die Aufrechterhaltung des Impfschutzes geachtet werden. Außerdem kann eine Verkürzung der Impfintervalle wegen des oft schwächeren Ansprechens des alternden Immunsystems auf die Vakzine notwendig sein. Das ist zum Beispiel bei der FSME-Impfung der Fall. Bei den Influenza-Vakzinen behilft man sich für einen besseren Effekt mit höheren Dosierungen, sogenannten adjuvierten Vakzinen oder Impfstoffen, die in die Haut und nicht in den Muskel injiziert werden. (APA, 8.2.2017)