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Sechs Rotkreuz-Mitarbeiter wurden getötet, nun stoppt die Hilfsorganisation vorerst ihre Tätigkeit in Afghanistan.

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Genf – Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat am Mittwochabend einen vorläufigen Stopp seiner Arbeit in Afghanistan angekündigt. In einer Mitteilung wird der Mord an sechs Mitarbeitern als Grund aufgeführt, den mutmaßliche Mitglieder der Terrormiliz "Islamischer Staat" begangen hatten.

Dominik Stallhart vom IKRK bestätigte der Agentur Reuters diesen Schritt. Er betonte aber, dass es sich um eine vorläufige Entscheidung handle: "Wir müssen verstehen, was passiert ist, bevor wir hoffentlich unsere Arbeit fortsetzen können."

Am Nachmittag hatte die Organisation in einer Stellungnahme bestätigt, dass das Team aus drei Fahrern und fünf Programmmitarbeitern bestanden habe. Sie seien in einer Gegend südlich der Provinzhauptstadt Sheberghan unterwegs gewesen, "um dringend benötigtes Material für Viehbauern zu liefern".

"Dies ist abscheulich. Nichts kann den Mord an unseren Kollegen und lieben Freunden rechtfertigen", sagt die IKRK-Landesdirektorin Monica Zanarelli in der Botschaft. Der Präsident des Roten Kreuzes, Peter Maurer, sagt, der Angriff wirke wie beabsichtigt. Es sei eine riesige Tragödie. "Wir stehen unter Schock." Diese Kollegen hätten einfach ihre Pflicht getan, hätten versucht, selbstlos zu helfen.

Verhandlungen um Geiseln

Nach Angaben des Gouverneurs von Jowzjan, Maulawi Lotfullah Asisi, haben Mitglieder der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) die Männer getötet. Am Morgen hätten die acht Mitarbeiter des Roten Kreuzes im Bezirk Kosh Tepa "Heu für Herdentiere verteilt", als sie im Gebiet von Chakmakhokor von Mitgliedern des IS angegriffen worden seien. Asisi beschuldigt einen Kommandanten namens Kari Hikmatullah und seine Männer.

Die sechs Toten seien mithilfe von Stammesältesten geborgen worden. Man versuche nun, die Freilassung der beiden Geiseln auszuhandeln.

Der IS hat eigentlich außerhalb der ostafghanischen Provinzen Nangarhar und Kunar sowie einer Zelle in Kabul keine Präsenz im Land. IS-Kämpfer in Jowzjan wären eine Neuheit. Ehemalige Taliban oder auch Kriminelle haben sich aber auch in anderen Provinzen punktuell schon IS genannt. Oder Kriminelle wurden von Regierungsbeamten aus unterschiedlichen Gründen fälschlich als IS bezeichnet. Einen solchen vielbeachteten Fall gab es im Oktober in der Provinz Ghor nach einem Massaker an 30 Menschen.

Keine Angaben über Identität

Erst im Dezember war ein spanischer Mitarbeiter des IKRK in der nordafghanischen Provinz Kunduz aus einem Auto heraus entführt worden. Er war im Jänner freigekommen. Zur Identität der Entführer hatte die Organisation damals keine Angaben machen wollen. Entlang der Straße und anderswo hatten radikalislamische Taliban seit Monaten Autos und Busse angehalten und nach Angestellten von Nichtregierungsorganisationen, der Regierung oder Sicherheitskräften durchsucht. Hunderte wurden entführt, dutzende getötet. (red, Reuters, APA, 8.2.2017)