Claudia Schreiner führte das Bifie seit 2014 interimsmäßig, seit Jänner 2017 ist sie dort offiziell Direktorin.

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Wien – Weniger aussieben, mehr fördern: Das ist für die neue Direktorin des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie) ein Rezept für ein besseres Schulsystem in Österreich. Das Problem derzeit: "Es wird nicht geschaut, ob die Schule für das Kind passt, sondern ob die Kinder in die Schule passen."

Das Bifie führt an Österreichs Schulen Studien wie Pisa und die Bildungsstandards durch. Die Daten zeigen seit Jahren, dass die Risikogruppen groß sind, ansonsten liefern die Schüler durchschnittliche Leistungen, die Spitzengruppe ist klein. Das Elternhaus hat einen im Vergleich zu anderen Ländern großen Einfluss auf die Art der Schulkarriere.

Selektion von Beginn an

Wer dies ändern wolle, müsse die Haltung des Systems ändern, die auf Selektion beruht, sagt Schreiner zum STANDARD: "Die Aufteilung der Schüler im Alter von zehn Jahren auf Neue Mittelschulen und Gymnasien ist nur eines der Symptome." Die Selektion beginne schon viel früher. "Wir haben Kinder, die als nicht schulreif in die Vorschulstufe kommen, wir haben Kinder, die als außerordentliche Schüler geführt werden, wir haben Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das System kategorisiert Schüler und ordnet sie dann bestimmten Angeboten zu."

Natürlich müsse es nicht automatisch so sein, dass sich die Leistungen der Schüler verbessern, wenn es etwa keine Vorschule mehr gebe, aber: "Wir haben ein sehr starres System, das der kindlichen Entwicklung nicht wirklich entspricht." Durch die Selektion würden Kinder schon am Anfang der Schulkarriere Misserfolg erleben. "Das Gefühl, anders zu sein, ist da programmiert." Hilfreich wären Schreiner zufolge dabei jahrgangsübergreifende Volksschulklassen. "Ob die Kinder vier oder fünf Jahre brauchen, wäre dann nicht so kritisch. Sie wären immer in derselben Gruppe."

Autonomie nur ein Rahmen

Die Regierung konzentriert sich derzeit bei der Bildungsreform vor allem auf den Ausbau der Schulautonomie. Mehr Entscheidungskompetenz für den Schulleiter würde zwar die Arbeit erleichtern, aber: "Es bietet einen Rahmen und noch nicht die Lösung", sagt Schreiner. Das System vor Ort sei zu unflexibel, um gegen die Selektion vorzugehen.

Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) sieht mit dem Ausbau der Autonomie auch mehr Qualitätskontrolle innerhalb der Schule vor. Die Daten des Bifie könnten dahingehend einen Beitrag leisten, sagt Schreiner. Für die Kontrollen wären aber die Behörden verantwortlich. "Es kann aber nicht darum gehen, schlechte Schulen zu identifizieren und sie zu bestrafen, sondern es muss darum gehen, dass Kinder und Jugendliche in den Schulen tatsächlich Kompetenzen vermittelt bekommen." Neben den Grundkompetenzen könnte man auch berücksichtigen, inwiefern die Schulen Lernfreude vermitteln und wie innovativ sie sind, schlägt Schreiner vor.

Das Bifie hat seit Jänner 2017 eine neue Struktur: Das Institut wurde abgespeckt, der Standort in Wien geschlossen. Nach Pannen bei der Einführung der neuen Reifeprüfung ist nun das Bildungsministerium für die Durchführung der Zentralmatura zuständig. Das Bifie kümmert sich seither nur mehr um Forschungsaufgaben.

Schreiner begrüßt diese Änderung. "Es bedeutet eine Fokussierung auf einen bestimmten Bereich." Es sei eine Erleichterung, "nicht mehr so viele Dinge unter einen Hut bringen zu müssen". Schreiner, die das Bifie schon seit 2014 interimsmäßig geführt hat, hat sich vorgenommen, die Gespräche mit den Akteuren an den Schulen zu forcieren. (Lisa Kogelnik, 9.2.2017)