Gaben Freitagvormittag die Einigung im Verfassungskonflikt bekannt: ÖVP-Obmann Christian Benger, Landeshauptmann Peter Kaiser von der SPÖ und Marion Mitsche, die Landessprecherin der Grünen.

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In Kärnten mag die Ortstafelfrage für einige geklärt sein, doch die Menschen, die hier leben, haben vor nicht allzu vielen Jahren zu großen Teilen rechtspopulistische Parteien gewählt, die vor allem mit einem Beinahe-Bankrott des Landes auffielen und sich mit der Halbierung der Slowenisch sprechenden Bevölkerung rühmten. Nach jahrzehntelanger deutschnationaler Propaganda kann man in Kärnten/Koroška mittlerweile von einem institutionellen Misstrauen oder sogar Hass gegen die slowenische Volksgruppe sprechen, der die Geschichte des Bundeslandes begleitet.

Daran sind sicherlich nicht nur FPÖ/FPK/BZÖ Schuld, doch die (erneute) extreme Politisierung der Volksgruppenfrage in den 1980ern war mehrheitlich deren Verdienst. Zwar konnte die Situation durch eine erdrutschartige Abwahl dieser Parteien bei der Landtagswahl 2013 und durch den sogenannten "Ortstafelkonsens" beruhigt werden, aber wie in den vergangenen Wochen klar wurde, ist die Diskriminierung der Minderheiten in Kärnten weiterhin salonfähig und bei weitem kein Randgruppenphänomen. So lebt der "böse Geist Haiders" und die Idee von Wahlgewinnen auf Kosten der Minderheit weiterhin in den Köpfen der Politikerinnen und Politiker der meisten Parteien fort.

Schulpolitik ohne Hausverstand

Hier im Süden Österreichs kann man schon lange nicht mehr von Rationalität sprechen. Mit den momentanen politischen Forderungen verabschiedet man sich vielmehr nun auch vom Hausverstand. Zumindest kann man sich die Proteste, die es um die Mindestsprachkenntnisse bei der Bestellung von Direktorinnen und Direktoren an zweisprachigen Pflichtschulen gab, nicht anders erklären.

So soll ein Direktor, eine Direktorin laut §56 des SchUG zum Beispiel für die Qualitätssicherung sorgen, Schulpartnerschaften pflegen, die Schule nach außen hin repräsentieren und noch vieles mehr. Wie will man aber diese Aufgaben bewältigen, ohne eine der Unterrichtssprachen zu beherrschen? Dies kann man sich genauso wenig erklären wie das Argument, die Inklusion einer Sprache in das Anforderungsprofil stelle eine "grobe Menschenrechtsverletzung" dar. Auch das wird von manchen behauptet.

Kärntner "Bauchgefühl"

So realitätsfremd eine Idee auch erscheinen mag, findet sie in Kärnten leider doch immer wieder ihren Weg in die höchsten politischen Instanzen. Während viele Minderheitenregionen von ihrer sprachlichen und kulturellen Vielfalt profitieren, fordert die ÖVP aufgrund eines "Bauchgefühls", die Kärntner Sloweninnen und Slowenen aus dem Entwurf der neuen Landesverfassung zu streichen. Damit blockiert sie aber nicht nur den Weg zu einem solidarischen und inklusiven Kärnten/Koroška, sondern auch zu einer modernen Demokratie.

Nach tagelangen Diskussionen einigte sich die Koalition in der Kärntner Landesregierung am Freitag auf einen Kompromissvorschlag. Es soll jetzt nur noch auf die Minderheitenrechte in der Bundesverfassung verwiesen werden, die die autochthonen Volksgruppen im Grunde auch nur wegen zweier verlorener Weltkriege erhalten haben. Im Gegensatz dazu wird das Deutsche nun auch offiziell als "Landessprache" in der Verfassung festgeschrieben, die deutsche Hegemonie in Kärnten/Koroška damit nun auch offiziell zementiert. Die Volksgruppe der Kärntner Sloweninnen und Slowenen bleibt hingegen nur ein lästiges Relikt der Geschichte. (Jana Trap, Jakob Stadler, Gregor Novak, 10.2.2017)