Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) beginnt Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ.

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Graz – Viel Spielraum bleibt dem Grazer Bürgermeister und Wahlsieger Siegfried Nagl (ÖVP) jetzt nicht mehr. Michael Ehmann, dem mit seiner SPÖ 155 Stimmen fehlten, um im Stadtsenat zu bleiben, sagte Nagl Ende vergangener Woche ab. Er werde doch nicht für eine Koalition zur Verfügung stehen, die ehemalige Bürgermeisterpartei müsse jetzt in der Opposition ihr Profil schärfen, sich sozusagen neu erfinden. Somit fiel die von Nagl bevorzugte Variante einer schwarz-rot-grünen Koalition ins Wasser.

Mit den fünf Grünen hätte Nagl in der Stadtregierung eine Mehrheit mit und den weiteren fünf roten Gemeinderäten ebenfalls eine im Stadtparlament. Die KPÖ kommt für Nagl als Regierungspartner nicht infrage. Der Zwist um das Murkraftwerk – der Anlassfall für die vorgezogenen Wahlen vom 5. Februar – hat die beiden Parteien entzweit. Jetzt bleibt nur noch die FPÖ im Spiel, die Variante eines freien Koalitionsraumes im Gemeinderat sowie, wenn alles schiefläuft, auch Neuwahlen.

"Wackelige Koalition"

Der Politologe Klaus Poier von der Uni Graz hält angesichts des Wahlergebnisses ein "Spiel der freien Kräfte", bei dem sich Nagl stets aufs Neue Mehrheiten schaffen muss, für eine durchaus vertretbare Variante. "Warum nicht?", fragt Poier. Nagl brauche im Grunde keine fixen Partner. "Eine Koalition müsste tragfähig sein. Was bringt es, wenn eine wackelige Koalition nach einem Jahr wieder platzt?", gibt Poier zu bedenken. Der Wissenschafter ist skeptisch, dass es möglich sein werde, eine stabile schwarz-blaue Koalition zu formen. Dazu gebe es zu große persönliche und inhaltliche Differenzen. Etwa in der Integrationsfrage könne er sich "schwer eine Einigung vorstellen".

Nagl muss vor allem für das nächste Budget einen Partner finden – ein höchst kompliziertes Unterfangen. In den nächsten Budgets ist nämlich auch der 80 Millionen Euro teure Sammelkanal für das Murkraftwerk enthalten. Dem können weder die KPÖ noch die Grünen zustimmen – wenn sie bei ihrer politischen Line der strikten Ablehnung des Kraftwerkes bleiben. Andererseits: Poier ist der Überzeugung, dass es sich keine Partei leisten könne, ein Budget zu verhindern. "Das müssten sie wohl sehr genau den Wählern erklären", sagt Poier.

"Alles ist möglich"

Wenn Nagl aber tatsächlich keine Mehrheit findet, könnte das auch abermals Wahlen bedeuten, will Michael Ehmann auch diesen Worst Case nicht ganz ausschließen. Auch Bürgermeister Nagl nicht, dessen Sprecher Thomas Rajakovics meint: "Alles ist möglich. Die Wähler wollten leider keine stabilen Verhältnisse."

Ab Dienstag beginnen jedenfalls die Verhandlungen mit der FPÖ. "Wenn sie gravierende Veränderungen im Bereich der Integration oder den Fundamenten von Graz als Menschenrechtsstadt verlangen, sind wir eh schnell fertig", sagt Thomas Rajakovics. (Walter Müller, 13.2.2017)