Wien – Der Senat 2 des österreichischen Presserats hält die Veröffentlichung eines Videos, auf dem das Attentat auf den russischen Botschafter in der Türkei zu sehen ist, "gerade noch für medienethisch zulässig", informierte das Selbstkontrollorgan in einer Aussendung.

Das Video wurde am 19. Dezember 2016 auf der Webseite oe24.at veröffentlicht. Der Senat beschäftigte sich auch noch mit mehreren Bildern zu diesem Attentat, die in der Tageszeitung "Österreich" erschienen sind. Diese Bildveröffentlichungen bewertete der Senat ebenfalls als zulässig, heißt es. Die Fotoserie vom türkischen Fotograf Burhan Ozbilici von der Nachrichtenagentur AP wurde erst am Montag mit dem renommierten Award "World Press Photo" ausgezeichnet.

Der Senat hält fest, dass das Attentat im Zuge einer öffentlichen Veranstaltung gefilmt worden war. Der russische Botschafter ist laut Senat zudem eine Person des öffentlichen Lebens. Nach Meinung des Senats gelten im vorliegenden Fall galten daher andere Maßstäbe als bei einem Mord an einer Privatperson, heißt es. Bei dem Attentat handle es sich es um eine politisch motivierte Straftat. Die Berichterstattung darüber sei von entsprechendem öffentlichem Interesse, das sich auch auf das Bild- und Videomaterial bezieht, so der Senat weiter.

Video und Fotos als "Grenzfälle"

Der Senat stufte die Veröffentlichungen auf oe24.at und in der Tageszeitung "Österreich" als Grenzfälle ein. Er wies darauf hin, dass auch Personen, die im öffentlichen Leben stehen, prinzipiell Anspruch auf Persönlichkeitsschutz haben, und zwar sowohl zu Lebzeiten als auch über den Tod hinaus. Der Moment des Todes zählt zur Intimsphäre. Die meisten österreichischen Medien hatten deswegen darauf verzichtet, jenen Moment zu zeigen, in dem der russische Botschafter von einem Projektil in den Rücken getroffen wird. Einige ausländische Medien – darunter auch CNN – hatten hingegen das Video der Ermordung so wie oe24.at in voller Länge veröffentlicht.

Der Senat begrüße es, dass das Video mittlerweile auf oe24.at nicht mehr abrufbar ist. Der Link zur Video-Plattform Youtube funktioniert nicht mehr, da Youtube das Video vom Netz nahm, so der Presserat. Auch wenn gute Gründe dafür sprechen, im Rahmen der Berichterstattung die Sequenz mit der Ermordung des Botschafters nicht zu zeigen, hielt der Senat die Veröffentlichung des Videos gerade noch für zulässig. Für die Veröffentlichung spreche auch, dass das Video in einen gewissen zeithistorischen Kontext gesetzt werden könne. (red, 14.2.2017)