Muslimische Lovestory: Saman Giraud und Dave Moskin.

Foto: Viennatheatreproject

Wien – Wann immer die Sprache auf das multikulturelle Zusammenleben kommt: Die witzigsten Sätze und Szenen zum Thema steuert, schwarzhumorig und dabei verlässlich wie eine Schweizer Uhr, der US-pakistanische Autor Ayad Akhtar (36) bei. Geächtet, die Geschichte vom Höllensturz eines New Yorker Anwalts, der aus seiner muslimischen Haut nicht herauskann, läuft mit großem Erfolg in der Wiener Burg und am Grazer Schauspiel.

Die Tragikomödie The Who and the What (2014) steht dem Kassenschlager Disgraced in nichts nach. Wiederum wird das Schicksal pakistanischer Zuwanderer in den USA verhandelt. Wieder geraten sich die Angehörigen einer ethnischen Minderheit in die Haare, schmelzen die sorgfältig gehüteten Glaubensinhalte im Licht der Aufklärung dahin. Ein aus Pakistan gebürtiger Taxiunternehmer namens Afzal wacht mit strengem Auge über das Heranreifen seiner beiden Töchter. Als untröstlicher Witwer und strenggläubiger Muslim nimmt er sich das selbstverständliche Recht heraus, über ihr sexuelles – sprich: eheliches – Wohlergehen zu bestimmen.

Funkelnder Dialogwitz

Wer die atemberaubende Fallstudie über das Kollabieren überkommener Weltanschauungen sehen möchte, kann entweder nach Hamburg reisen, ins Deutsche Schauspielhaus (Der Standard berichtete). Oder man besucht das Theater Drachengasse, in dessen Bar das rührige Vienna theatre project eine englischsprachige Aufführung von The Who and the What abliefert. Wieder findet man alle Akhtar-Ingredienzien auf sehr engem Raum versammelt. Eine Dialogführung, deren funkelnder Witz ganze Jahrgänge deutscher Stückepreis-Empfänger in den Schatten stellt. Frauenfiguren wie Zarina (Saman Giraud), die als intellektuelle Höchstbegabung über die Rolle des Propheten Mohammed nachsinnt. Die über diesen ein Buch schreibt, dessen Inhalt der Vater (Harmage Singh Kalirai) als blasphemisch empfindet.

Regisseurin Joanna Godwin-Seidl gelingt ein König-Lear-Drama im Wohnküchenformat. In diesem erklären Musliminnen ihren rechtgläubigen Verehrern engelsgeduldig die Funktionsweise des Ödipus-Komplexes, nur um sich ein paar Sätze später als Hörerinnen von Jeff Buckley zu deklarieren. Die Antwort? "Halleluja!" Was natürlich schon deshalb witzig ist, weil Buckley die definitive Version von Leonard Cohens Hallelujah eingesungen hat.

Rauschender Premierenjubel für ein feines Kammerspiel vor blassgrüner Wand. Man sollte Akhtar-Aufführungen nehmen, wo man sie bekommt. (Ronald Pohl, 14.2.2017)