Der Vatikan hat ein Auge auf die Studienpläne und Personalentscheidungen der österreichischen Universitäten.

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Wien/Innsbruck – Der Vatikan hat der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Innsbruck keinen Segen erteilt. Die geplante Aktualisierung des Curriculums für das Doktoratsstudium muss verschoben werden. Wie jetzt bekannt wurde, war der Senat der Uni Innsbruck im September vergangenen Jahres dazu gezwungen, die Pläne für einen neuen Studienplan, der eigentlich schon im April beschlossen worden war, wieder zurückzunehmen.

Die katholische Kirche hat in Österreich durch das Konkordat viele Einflussmöglichkeiten. Der Vertrag zwischen dem Staat und dem Heiligen Stuhl ermöglicht dem Vatikan unter anderem, Professoren und Dozenten sowie Studienpläne an den katholisch-theologischen Fakultäten abzusegnen. Eine parlamentarische Anfragebeantwortung zeigt, dass die Kirche selten, aber doch die Pläne der Universitäten durchkreuzt.

Keine Lehrbefugnis

Die Universität Innsbruck aktualisiert derzeit ihre Doktoratsstudien. Man habe sich dazu entschlossen, der Dissertation wieder mehr Gewicht zu geben, erklärt Walter Grömmer, stellvertretender Senatsvorsitzender der Universität Innsbruck, im Gespräch mit dem STANDARD. Die Leistungspunkte im Rahmen von Lehrveranstaltungen werden zugunsten der Abschlussarbeiten reduziert. Geplant war das auch für das Curriculum an der katholisch-theologischen Fakultät. Damit ist aber die Kongregation für das Bildungswesen in Rom nicht zufrieden. In einem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, heißt es sinngemäß, dass das Doktorat mit diesen Änderungen nicht mehr anerkannt wird. Diese Entscheidung würde dazu führen, dass die Absolventen der Fakultät nur noch sehr schwer eine Lehrbefugnis und damit einen Job bekommen würden.

Der Senat sah sich deshalb dazu gezwungen, die geplante Änderung des Curriculums zu widerrufen. "Da Alternativen kurzfristig nicht zur Verfügung stehen und um Schaden von Studierenden des Doktoratsstudiums, die vor dem Abschluss des Studiums stehen, abzuhalten, ist der der Widerruf der Kundmachung des Curriculums angezeigt", heißt es im Umlaufbeschluss des Senats vom September. Damit gilt weiterhin das alte Curriculum aus dem Jahr 2009.

Grüne sehen Widerspruch zur Verfassung

Der grünen Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer ist der Einfluss der Kirche auf die Universitäten schon länger ein Dorn im Auge. Sie sagt zum STANDARD: "Dass die katholische Kirche ohne inhaltliche Begründung erzwingen kann, dass ein Studienplan zurückgezogen werden muss, steht im klaren Widerspruch zur Verfassung: Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei." Sie frage sich, "warum die Uni Innsbruck einen derart gravierenden Eingriff in ihre Autonomie widerstandslos duldet".

Ganz so tragisch sieht Grömmer die Sache nicht. "Natürlich sind wir als Universität autonom. Wir sind nicht gezwungen, den Wünschen des Vatikans zu entsprechen." Er vergleicht den Einspruch aus Rom beim Theologiestudium mit jenen von anderen Berufsgruppen. So würden sich auch Notare beim Studienplan für das Jusstudium einbringen wollen oder die Apothekerkammer beim Pharmaziestudium.

Fakultät: Keine "ungebührlich Einmischung"

Maurer wiederum fordert ein Ende der "Sonderstellung" der katholischen Kirche. "Die evangelische Kirche und die muslimische Glaubensgemeinschaft haben nur Anhörungsrechte für ihre theologischen Studien, das muss auch für die katholische Kirche reichen", sagt sie.

An der katholisch-theologischen Fakultät in Innsbruck wird nun jedenfalls weiterverhandelt, um das Curriculum doch noch zu aktualisieren. Man versuche die Ansprüche aus Rom und jene der Universität unter einen Hut zu bringen, sagt Studiendekan Wilhelm Guggenberger zum STANDARD. Er sieht in der Entscheidung des Vatikans jedenfalls keine "ungebührliche Einmischung", wie er sagt. Schließlich beziehe sich die Autonomie der Universitäten auf die Unabhängigkeit vom Staat. Die theologischen Fakultäten hätten hier durch ihre Verbindung zu den kirchlichen Institutionen einen anderen Status. (Lisa Kogelnik, 15.2.2017)