Donald Trump und Benjamin Netanjahu trafen am Mittwoch in Washington zusammen.

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Zu den israelischen Siedlungen im Westjordanland – im Bild die Siedlung Na'ale nahe Ramallah – sendete Trump widersprüchliche Signale.

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Washington/Wien – Beim ersten Treffen zwischen Donald Trump als US-Präsident und Israels Premier Benjamin Netanjahu gab es wohl keinen Zweifel, wie man die Vergangenheit zu sehen hat: Alle amerikanisch-israelischen Spannungen der letzten Jahre waren von Barack "Hussein" Obama verschuldet; mit seinem Abgang geht die Sonne über den Beziehungen wieder auf.

Sogar dem Wunsch von Netanjahus weit rechts stehenden Regierungsmitgliedern schien das Weiße Haus entgegenzukommen, als am Vortag des Treffens die neue Formel "Es muss nicht unbedingt ein Palästinenserstaat sein" lanciert wurde. Aber ein Frieden sollte es nach dem Willen Trumps dennoch werden. Und nachdem er nichts diktieren will, steht es beiden Parteien, Israel und den Palästinensern, frei, eine andere Lösung zu finden. Keine einfache Aufgabe. Bisher konnten sich beide Parteien dahinter verstecken, dass der jeweils andere die Zweistaatenlösung verhindert.

Wie auf anderen Gebieten ist der Verdacht angebracht, dass die Nahostpolitik Trumps erst im Entstehen begriffen ist. Es zerren sehr unterschiedliche Kräfte an ihm: Da ist sein am Tag der siedlungskritischen Uno-Sicherheitsratsresolution, die Obama Ende Dezember nicht verhindert hatte, getwittertes Versprechen, dass unter ihm alles anders werden würde. Aber genauso kokettiert er mit dem diplomatischen Meisterstück, einen Nahostfrieden zustande zu bringen, anders als seine Vorgänger.

Unterschiedliche Kräfte

Zumindest momentan ist auch noch der Wunsch vorhanden, die Sympathie jener arabischen Staaten, die von Obama enttäuscht waren, zu erhalten. Und dann gibt es noch jene Figuren in seiner Umgebung, deren Antisemitismus ihn zumindest nicht sonderlich zu stören scheint, denn sonst wären sie nicht da.

Im Widerspruch zueinander schienen auch seine Aussagen zu den israelischen Siedlungen im Westjordanland zu stehen: kein Hindernis für den Frieden, aber – bereits in zwei Statements – vielleicht doch ein bisschen. In einem Interview mit "Israel Hayom" wies Trump auf das "begrenzte Territorium" hin.

Hier – und allgemein mit seiner "Hands off"-Tendenz – ist er auf der Linie von US-Präsident George W. Bush: Vorhandene territoriale Tatsachen kann man nicht mehr völlig ungeschehen machen. Innerhalb dieser Haltung gibt es aber eine große Bandbreite: In seinem berühmten Brief an Israels Ministerpräsident Ariel Sharon von 2004 hielt Bush fest, dass es "unrealistisch" sei, von Israel eine Rückkehr zur Waffenstillstands linie von 1949 zu erwarten. Aber es war von "Änderungen im beiderseitigen Einverständnis" die Rede, die, ebenso realistischerweise, auf eine territoriale Entschädigung für die Palästinenser hinauslaufen würden. Auch Obama war kein Träumer, der dachte, dass Israel jemals seine großen Siedlungsblöcke aufgeben würde: Was ihn so unbeliebt machte, war, die Waffenstillstandslinie als "Basis" für Verhandlungen zu bezeichnen.

Weniger als ein Staat?

Die Worte des unbekannten Offiziellen im Weißen Haus, der die Distanzierung der USA von der Zweistaatenlösung zum Ausdruck brachte, könnte man auch so verstehen, dass es weniger als ein Staat für die Palästinenser sein könnte. Laut israelischen Medienberichten bremste Netanjahu bereits Trumps Erwartungen, welche Konzessionen von den Palästinensern zu erwarten wären. Offenbar kann sich der US-Präsident vorstellen, dass die Palästinenser letztlich nähmen, was sie bekommen.

Das könnte nur funktionieren, wenn der Druck auf sie sehr groß wird – oder umgekehrt, wenn die Unterstützung für einen Palästinenserstaat in spe unter einen kritischen Wert fällt. In der inter nationalen Diplomatie ist dieser Trend noch nicht zu sehen. Aber im Nahen Osten selbst ist die Palästinenserfrage in der Priorität weit nach unten gerutscht, und Israel ist es gelungen, bilateral seine Beziehungen zu vielen Staaten, auch arabischen, auszubauen.

Diese Linie könnte Trump unterstützen – das gemeinsame Interesse aller ist die Eindämmung des Iran. Aber gerade das Thema Palästina ist zu emotional, als dass es Staaten wie Saudi-Arabien und Ägypten völlig fallenlassen könnten – was letztlich wieder ein Geschenk für Teheran wäre. (Gudrun Harrer, 15.2.2017)