Dass die Auslegung von Comfort Food sehr individuell ist, zeigt sich vor allem im Supermarkt an der Kasse, wenn man in den Einkaufswagen des Vordermanns lugt. Geht es um Nahrung, die (vermeintlich) der Seele guttut, kommen einem sofort US-Filme und Serien in den Sinn, in denen eine riesige Packung Eis gegen Liebeskummer oder eine vor Fett triefende Familienpizza wegen der verpatzten Präsentation verschlungen werden. Und plötzlich verspürt man das Bedürfnis, auch derlei Widerlichkeiten in sich hineinstopfen zu müssen. Dabei eröffnet doch gerade die österreichische Küche ungeahnte Möglichkeiten, seine kohlenhydratunterversorgten Depots wieder kräftig aufzuladen.

Für alle die sich gern kosmopolitisch geben wollen und auf amerikanisches Comfort Food stehen, gibt es ein Lokal in der Wiener Kirchengasse, das bis vor kurzem noch Pulled Pork und Salate mit gebratenem Gemüse servierte: das Treubleiben Wien. Jetzt kocht hier aber ein Amerikaner, der weiß, wie man amerikanische Lebenskultur auf den Teller bringt. Das passt zwar nicht wirklich zum Shabby Chic des Lokals, stört aber nicht weiter. Serviert werden multikulturelle Gerichte, wie man sie auch in den Straßenlokalen New Yorks findet. Knish zum Beispiel.

Knish mit Champignons und Zwiebel (8,50 Euro).
Foto: Alex Stranig

Amerikas Lieblinge

Den Snack, der ursprünglich aus Osteuropa stammt und im Wesentlichen ein cremiges Kartoffelpüree im Teigmantel ist, gibt es mit unterschiedlichen Toppings. Die Variante mit Champignons und Zwiebel schmeckt so einfach wie köstlich. Gebissträger sollten allerdings vorher sichergehen, genügend Haftcreme aufgetragen zu haben – gerät der Kartoffelteig doch etwas hart. Der dazu servierte grüne Salat ist eh nett, aber leider nicht wirklich besonders originell und in Essig ertränkt.

Mexican Carnitas Tacos (8 Euro).
Foto: Alex Stranig

Tacos kommen in krossen Maistortillas daher und sind alles andere als gewöhnlich. Käse, Sauerrahm oder andere üppige Zutaten sucht man vergebens. Im Mittelpunkt steht das Fleisch, stundenlang gekochtes Schweinefleisch (in der Regel von der Schulter) ist noch saftig und toll gewürzt – quasi das Pulled Pork der Mexikaner. Dazu kommen lediglich Tomaten, Jungzwiebeln und etwas Koriander. Der dazu gereichten Guacamole täte etwas mehr Würze nicht schlecht.

Mac and Cheese (7,50 Euro).
Foto: Alex Stranig

Ein absoluter Klassiker, wenn es um Comfort Food geht, ist Mac and Cheese – also Makkaroni mit Käse. Vor allem in Nordamerika wird das Nudelgericht gerne zu Hause gekocht oder im Diner standardmäßig serviert. Varianten der Zubereitung existieren zuhauf. Hier serviert man sie überbacken und mit knusprigen Weißbrotwürfeln. Nachdem es hieß, dass es hier das beste Macaroni and Cheese Wiens gibt und dieses mit Bergkäse zubereitet wird, war die Erwartungshaltung hoch. Das Gericht ist ordentlich, aber von kräftigem Bergkäse weit entfernt. Die ersehnte heiß dampfende und stinkende Käsebombe erweist sich somit als mildes, aber nicht weniger köstliches Gericht.

Das gegrillte Käse-Sandwich macht aber auch sehr zufrieden. Es kommt mit Tomaten, Cheddar und karamellisierten Zwiebeln daher und zeigt ziemlich eindrucksvoll, dass ein Schinken-Käse-Toast eben kein Grilled-Cheese-Sandwich ist. Und obwohl man mitten in Wien sitzt und die abgeschlagenen Wände des Lokals eher an einen Hipster-Laden in Berlin erinnern – schließt man für kurze Zeit die Augen, könnte man denken, man säße in New York und Boboville sei ein Grätzel in Manhattan. (Alex Stranig, 21.2.2017)

Foto: Alex Stranig

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