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Der amtierende Präsident Tomislav Nikolić (li.) gilt als russlandfreundlich. In Serbien wird darüber spekuliert, dass er mit Unterstützung Moskaus gegen Premier Aleksandar Vučić (re.) antreten könnte.

Foto: AP/Darko Vojinovic

Monatelang hat Premier Aleksandar Vučić gezögert, den Präsidentschaftskandidaten seiner Serbischen Fortschrittspartei (SNS) zu ernennen. Nachdem alle Kandidaten der Opposition schon festgestanden waren, gab er diese Woche seine Entscheidung bekannt: Er werde im April selbst für das Amt des Staatsoberhaupts kandidieren. Für ihn sei das zwar ein Opfer, erklärte Vučić im Staatsfernsehen, denn er liebe es, als Regierungschef für Serbien Tag und Nacht arbeiten zu dürfen, und er werde das bis zur Wahl weiter tun. Der Sieg eines Oppositionskandidaten würde Serbien jedoch destabilisieren, sagte Vucic, denn das seien alles "Schurken und Diebe", die nur plündern wollten. Er sei nun einmal der aussichtsreichste Kandidat, alle anderen wären ein Risiko, und deshalb müsse er im Interesse Serbiens antreten.

Alle 185 SNS-Ausschüsse begrüßten jubelnd und kampflustig die Entscheidung ihres Führers. Das taten auch die SNS-Koalitionspartner, die auf eigene Präsidentschaftskandidaten verzichteten. Das Motto: Vučić muss siegen, denn nur sein Sieg würde die Fortsetzung der Reformen, den Kampf gegen die Korruption und den Fortschritt der EU-Beitrittsverhandlungen sichern.

Auf die offenen Fragen, die sich nach der ungewöhnlichen Kandidatur des Premiers stellten, ließen sich regierungsnahe serbische Medien gar nicht erst ein. Die wenigen kritischen Medien wiesen allerdings auf die Absurdität hin, dass ein Machtpolitiker wie Vučić die Position des Regierungschefs freiwillig aufgibt, um die mehr oder weniger zeremoniellen Aufgaben des Staatspräsidenten zu übernehmen.

Frage nach dem Warum

Vučić nämlich hätte noch mehr als drei Jahre als Premier vor sich – mit großer Macht, gemütlicher Mehrheit im Parlament, einer stabilen Regierung, fast gleichgeschalteten Medien und einer zerstrittenen Opposition.

Die Erklärungen mancher Medien: Laut Meinungsumfragen sei Vučićs Sieg so gut wie sicher; mit seiner Autorität sei es egal, welches Amt er formal ausübe; Vučić dulde keine Konkurrenz, er könnte es nicht ertragen, für jemand anderen Kampagne zu machen; der Regierung stünden schwierige Zeiten bevor, als Staatspräsident würde er sich weitere fünf Jahre an der Macht sichern; er wolle den SNS-Gründer und aktuellen Staatspräsidenten Tomislav Nikolić loswerden, und nur durch seine eigene Kandidatur konnte er begründen, warum sich die Partei nicht hinter Nikolić stelle.

Doch Nikolić machte ihm anscheinend unerwartet einen Strich durch die Rechnung: Medien berichten, dass er sich dem Willen Vucics und der SNS nicht beugen und lieber selbst kandidieren wolle. Das meldete zuerst der russische Sender Sputnik. Angeblich genießt der prorussische Nikolić die Unterstützung Moskaus. Nikolić hatte die SNS gegründet und 2012 an die Macht geführt, Vučić den Parteivorsitz übergeben und ihn zum Ministerpräsidenten gekürt. Sollte Nikolić nun gegen Vučić antreten, könnte das die Partei spalten. Es wäre ein erster Riss in der felsenfesten Herrschaft von Vucic. (Andrej Ivanji aus Belgrad, 18.2.2017)