Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Für viele dürfte es zunächst einmal warten heißen, bis sie einen Job finden. Für Afghanen dürfte es wesentlich schwerer werden als für Syrer.

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Frage: Was wissen wir mittlerweile über die Flüchtlinge, die 2015 nach Österreich gekommen sind?

Antwort: Immer mehr. Es gibt extreme Unterschiede bei der Ausbildung der Menschen. Viele Afghanen waren nie oder nur ein paar Jahre in der Schule. Bei den Syrern und Irakern haben hingegen viele hohe Bildungsabschlüsse, bringen also Matura oder einen Studienabschluss mit. Das zeigen am Freitag präsentierte Zahlen des AMS. Die Daten passen gut zu dem, was eine Studie der Akademie der Wissenschaften, der Wirtschaftsuni und des IIASA in Laxenburg ergeben hat.

Frage: Ein paar Zahlen, bitte.

Antwort: Das AMS hat im Vorjahr Daten von 6.000 Flüchtlingen in sogenannten Kompetenzchecks erhoben. Dabei wird ihre Qualifikation abgefragt. 62 Prozent der Syrer, 57 Prozent der Iraker und nur 20 Prozent der Afghanen, die nach Österreich gekommen sind, haben demnach einen Abschluss über die Pflichtschule hinaus. In Österreich sind es 81 Prozent. Dabei sind aber viele Menschen mit Lehrabschluss, den es in Ländern, aus denen die Flüchtlinge vorwiegend kommen, nicht gibt.

Frage: Was heißt das jetzt?

Antwort: Von den Flüchtlingen zu sprechen führt in die Irre. Vor allem bei den Afghanen dürften es viele sehr schwer haben, in Österreich Fuß zu fassen. 25 Prozent, die im Vorjahr beim AMS-Check mitgemacht haben, waren nie in einer Schule. Davon hat etwas mehr als die Hälfte zu Hause lesen und schreiben gelernt. Mit so einer Klientel habe man keine Erfahrungen, sagte Johannes Kopf, Vorstand des AMS, am Freitag. Aber auch ein Schulabschluss aus Afghanistan ist hierzulande nicht viel wert, das Schulsystem gilt als sehr veraltet. Die meisten werden quasi bei null anfangen müssen.

Frage: Und die Syrer und Iraker?

Antwort: Auch bei ihnen wird die Integration am Arbeitsmarkt eine große Herausforderung. Dass viele schon länger in Bildungseinrichtungen waren, ist für Kopf aber ein großer Vorteil. "Wir haben den Eindruck, dass wir gut mit Leuten arbeiten können, die zwölf oder 13 Jahre in einer Schule waren", sagte er zum STANDARD. Sie könnte man einfacher für Jobs in Österreich qualifizieren.

Frage: Aber warum bringen so viele hohe Bildungsabschlüsse mit?

Antwort: Die meisten Flüchtlinge haben Schleppern tausende Dollar bezahlt, um nach Europa geschleust zu werden. Das können sich großteils nur jene leisten, die aus reicheren Familien kommen. In Syrien liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen bei 3.000 Dollar, sagt Isabella Buber-Ennser von der Akademie der Wissenschaften. "Die weniger gut Qualifizierten fliehen in Nachbarländer und reisen nicht nach Europa", sagt sie. In Afghanistan hätten 80 Prozent keine Schule besucht, bei den nach Österreich migrierten Afghanen sind es nur 25 Prozent.

Frage: Sind die Schulabschlüsse aus den Herkunftsländern mit österreichischen vergleichbar?

Antwort: Wenn es nach einer Studie des Ifo-Instituts geht, dann nein. Ein syrischer Achtklässler ist ihr zufolge auf dem Niveau eines deutschen Viertklässlers. Die Matura in Syrien ist laut Marie-Claire von Radetzky vom Institut der deutschen Wirtschaft aber ziemlich vergleichbar, vor allem der Mathematikzweig.

Frage: Was heißt das jetzt für die Jobsuche der Flüchtlinge?

Antwort: Johannes Kopf vom AMS skizziert es so: Alle müssen zuerst Deutsch lernen. Jüngere Flüchtlinge würden "durchgängig qualifiziert". Erwachsene, die Bildung mitbringen, werden auf das österreichische System herangeführt. Wer schon älter sei und kaum eine Bildung habe, komme aber nur für Hilfsarbeiten infrage.

Frage: Wie viele haben schon Jobs?

Antwort: Von denen, die sich zwischen Anfang 2015 und Mitte 2016 beim AMS gemeldet haben, haben 15 Prozent einen Job. Der Rest ist arbeitslos oder in Kursen. (Andreas Sator, 17.2.2017)