Da glaubt man immer, nur die Russen greifen ihren rechten Freunden im Westen, von Trump über Marine Le Pen bis hinunter zur FPÖ mit Informationen und Krediten unter die Arme. Nein, im März will Strache ein freiheitliches Wirtschaftskonzept vorstellen, da ist guter Rat nötig, und man holt ihn sich, wo man ihn kriegen kann. Nirgends stößt man dabei auf größeres Verständnis als in der wirtschaftsaffinen "Presse". Wenn ein Freiheitlicher namens Dominik Nepp verkündet, die Liebe zur Wirtschaft soll die Partei in die Mitte rücken, dann hat er damit die volle Aufmerksamkeit eines "Presse"-Redakteurs, der den Lesern – wie am Wochenende geschehen – über eine ganze Seite vermeldet: Die Wiener FPÖ arbeitet seit Jahren im Hintergrund dar an, sich thematisch breiter aufzustellen. Bisher ohne nennenswerten Erfolg, aber das soll sich ändern. Auch wirtschaftlich, mit Beratung von US-Banken – für eine Regierungsbeteiligung.

Da wird die Spannung rasch fast unerträglich. Dominik Nepp sitzt in dem kleinen Kaffeehaus in Manhattan und geht nochmals seine Unterlagen durch. In wenigen Minuten wird der Klubchef der Wiener FPÖ an einem Ort sein, der für einen freiheitlichen Politiker, sagen wir, ungewöhnlich ist. Aber für eine Regierungsbeteiligung muss man Opfer bringen, ja man muss über seinen eigenen Ostküstenschatten springen: Nämlich in dem Hauptquartier der Ratingagentur Moody ’s. Es wird der Auftakt zu einer Serie von Gesprächen mit hochrangigen Vertretern von US-Banken und Ratingagenturen an einem Ort, an dem freiheitliche Politiker gern Feindesland orten – im Finanzdistrikt von New York.

Jetzt natürlich die Frage: Wie gehen Banken "der Ostküste", wie es in FPÖ-Kreisen früher gerne formuliert wurde, mit der FPÖ um? Ähnlich wie die SPÖ. Vor drei bis vier Jahren sei es noch schwer gewesen, Gespräche bei hochran gigen Bankmanagern zu bekommen. Doch vorurteilsfrei, wie man an der Ostküste ist, will man die inneren Werte der FPÖ allmählich erkannt haben: Das sei aber nicht an der politischen Ausrichtung der Partei gelegen. Sie sehen nur die Möglichkeiten. Und jetzt sehen sie die FPÖ-Umfragewerte in Österreich." Anders formuliert: Die Banken bewerten die Chancen auf einen FPÖ-Regierungseintritt als sehr realistisch – was der Partei viele Türen öffnet.

"Wir sind bankenkritisch, aber nicht bankenfeindlich"

Worin die Möglichkeiten bestehen, die sich für Moody’s oder Goldman Sachs im Falle eines Regierungseintritts der FPÖ eröffnen, wird weder von Nepp noch vom "Presse"-Redakteur enthüllt, obwohl es doch nicht uninteressant wäre. Schließlich haben die wirtschaftlichen Vorstöße der Wiener FPÖ eine Vorgeschichte. Bereits vor sechs Jahren hat die Partei begonnen, unbemerkt von der Öffentlichkeit entsprechende Kontakte aufzubauen. Zuerst zu Banken auf europäischer Eben, dann auf internationaler Ebene, und man hat ihr das gar nicht angemerkt. Kein Wunder, darunter waren große Häuser, die mancher Freiheitlicher gern als "Heuschrecke" brandmarkt, was aber offenbar nur zur Tarnung geschieht. Wobei eines klar ist: "Wir sind bankenkritisch, aber nicht bankenfeindlich", meint Nepp dazu auf dem Weg zu dem nächsten Sitzungstermin im Finanzdistrikt. Schließlich ist die FPÖ auch EU-kritisch, aber nicht EU-feindlich. "Banken sind Spieler am Markt. Damit müssen wir uns auseinandersetzen", verrät Nepp der "Presse" die aufwühlenden Geheimnisse der Partei aus dem Nähkästchen seiner Erfahrungen an der Ostküste.

Sonst hat er nicht viel verraten. Weder mit welchen hochrangigen Vertretern von US-Banken und Ratingagenturen er sprechen werde noch worüber noch was er sich von den Gesprächen an Rat oder Krediten erwartet. Dabei geht es doch immerhin um einen FPÖ-Regierungseintritt und nicht um einen kleinen Bausparer, es wäre also von einem gewissen öffentlichen Interesse.

Der "Presse"-Redakteur indes war mit dem substanzlosen Geschwafel, für das man Wien hätte nicht verlassen müssen, zufrieden, er bedankte sich mit ei ner ganzen Seite samt Foto von Dominik Nepp, der wirklich aussieht wie ein Freiheitlicher, und das war das Mindeste, was er tun konnte, verriet doch ein kleiner Hinweis am Fuße des Artikels: Die Reise nach New York fand auf Einladung der FPÖ Wien statt. Immerhin.

Auf Einladung der "Krone" stellen reihenweise Polizisten ihre Porträts zur Verfügung, weil gesucht wird: Wiens bester Polizist. Und der wird gefunden werden, keine Sorge. Schließlich soll die "Krone" auch künftig bestens informiert bleiben. (Günter Traxler, 19.2.2017)