Handwerker sollen Leistungen gar nicht oder nur mangelhaft erbracht haben.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Gegen 32 Mitarbeiter der städtischen Hausverwaltung Wiener Wohnen wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Der zuständige Stadtrat Michael Ludwig (SPÖ) sieht darin keine Folge von Versäumnissen – weder bei sich noch bei Wiener Wohnen, wie er am Dienstag bei der wöchentlichen Pressekonferenz des Bürgermeisters auf Nachfrage von Journalisten sagte. Seinen Rücktritt schloss er aus. Er stehe zudem hinter Wiener-Wohnen-Direktor Josef Neumayer. Der Gemeindebauverwalter sei, so Ludwig, "die treibende Kraft hinter den Aufdeckungen" gewesen.

Dem Stadtrat zufolge gab es intern bereits im Jahr 2010 "Verdachtsmomente" darauf, dass durch Handwerksfirmen verrechnete Leistungen nicht oder minderwertig erbracht worden seien. Dass auch Mitarbeiter von Wiener Wohnen involviert sein könnten, habe man schon damals nicht ausschließen können.

Maßnahmen ausreichend

Deshalb sei eine "Innenrevision" eingerichtet worden, die mit Erhebungen beauftragt wurde. Man habe zudem die internen Kontrollen verstärkt: Ein Vier- beziehungsweise Sechsaugenprinzip sowie ein Rotationssystem für Mitarbeiter seien etwa eingeführt worden. Weitere Maßnahmen seien auch derzeit nicht nötig.

Im Jahr 2012 – als man "deutlich etwas in der Hand" hatte – habe man sich an die Staatsanwaltschaft Wien gewandt. Seit Jänner 2013 liegt der Fall bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), wie ein Sprecher dem STANDARD bestätigte. Ermittelt werde wegen des Verdachts auf schweren Betrug, Bestechung und Finanzdelikte – etwa Steuerhinterziehung. 93 Beschuldigte führt die WKStA – zwölf davon sind Unternehmen. Details verriet der Sprecher mit Verweis auf laufende Ermittlungen und Einvernahmen nicht. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Kein Gefährdungspotenzial

Bei den Mitarbeitern von Wiener Wohnen liege der Fokus auf Bestechlichkeit: Sie sollen es "gegen Zuwendungen bei den Aufträgen nicht so genau genommen haben", sagte der Sprecher.

Stadtrat Ludwig spricht von "optischen Dingen": So sollen etwa drei Anstriche verrechnet, aber nur zwei durchgeführt worden sein. Schäden für die Mieter seien also nicht entstanden. Auch ein Gefährdungspotenzial wegen der angeblich mangelhaft durchgeführten Arbeiten bestehe nicht.

Wie viele Wohnungen beziehungsweise welche Gemeindebauten betroffen sind, wisse man nicht – das müssten die Ermittelungen zeigen. Die mutmaßlichen Betrugsfälle könnten laut Ludwig "weit zurückgehen".

Keine Führungskräfte

Die 32 Beschuldigten seien allesamt "operativ tätig". Führungskräfte seien nicht darunter. Bei Wiener Wohnen sind insgesamt rund 700 Mitarbeiter beschäftigt.

Man habe erst kürzlich durch Einsicht in die Aktenlage erfahren, welche Beschuldigungen gegen welche Mitarbeiter vorliegen – und entsprechend reagiert, erklärte eine Sprecherin von Wiener Wohnen dem STANDARD. Wie berichtet wurden die betroffenen Mitarbeiter – je nachdem, ob sie Vertragsbedienstete oder Beamte sind – versetzt oder suspendiert.

Kündigungen "nicht richtig"

Kündigungen würden derzeit nicht ausgesprochen. "Einen Mitarbeiter auf Verdacht zu entlassen, wäre nicht richtig", sagte Ludwig. Es werde "dienstrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen geben, wenn sich die Verdachtsmomente erhärten sollten".

Was die Schadenshöhe betrifft, bestätigte der WKStA-Sprecher die kolportierten 65 Millionen Euro nicht. Die Behörde gehe aktuell nur davon aus, dass 300.000 Euro überschritten worden seien. Ab dieser Grenze handelt es sich strafrechtlich um schweren Betrug mit einer Strafandrohung von bis zu zehn Jahren.

Wann über eine Anklageerhebung entschieden wird, lasse sich wegen der "komplexen Datenlage" noch nicht abschätzen. (Christa Minkin, 21.2.2017)