Wienerberger konnte zuletzt mit qualitativ verbesserten Produkten auch höhere Preise durchsetzen. Die Produktpalette des Konzerns reicht vom Mauerziegel über Bodenbefestigungssteine bis zum Rohr.

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Wien – Der Kurs des Wienerberger-Managements trägt offenbar Früchte. 2016 konnte nicht nur der Gewinn deutlich gesteigert werden, auch die Aktionäre bekommen eine Teilentschädigung für magere Jahre davor. Die Dividende wird von 20 auf 27 Cent je Aktie angehoben (siehe Grafik).

Wienerberger ist erst 2015 in die Gewinnzone zurückgekehrt. Zuvor schrieb der laut Eigenangaben weltgrößte Hersteller von Hintermauerziegeln vier Jahre tiefrote Zahlen. Der Baustoffkonzern ist vor Ausbruch der Finanzkrise 2008 sehr schnell und stark gewachsen. Das erwies sich in Kombination mit einem hohen Schuldenstand als schwer verdaulich.

Harscher Sanierungskurs

Heimo Scheuch, der 2009 die Zügel von Wolfgang Reithofer an der Spitze des Baustoffkonzerns übernahm, verordnete Wienerberger einen harschen Sanierungskurs inklusive Werksschließungen, Mitarbeiterabbau und Digitalisierung. Mit neuen, besseren Produkten könnten nun auch wieder höhere Preise durchgesetzt werden. Das sei 2016 gelungen und sollte auch heuer möglich sein, sagte Scheuch bei der Bilanzpräsentation am Mittwoch.

Profitieren sollte Wienerberger in Zukunft noch mehr als bisher von strengen Auflagen hinsichtlich der Energieeffizienz von Gebäuden. "Wir haben die Produkte dafür", sagte Scheuch. Der Wienerberger-Chef plädiert aber für einen radikalen Schwenk, was die Wohnbaupolitik betrifft. "Niederreißen und neu bauen wäre oft besser," sagte Scheuch. Das betreffe vor allem Gebäude bzw. Wohnungen, die in den 1970er-Jahren errichtet wurden.

Schnell, schnell

Davon gibt es in Österreich rund 600.000 – knapp 550.000 Hauptwohnsitzwohnungen und gut 50.000 ohne Hauptwohnsitz. Der mit Abstand größte Teil, rund 220.000, sind Eigenheime, zeigen Zahlen des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen. Die Bauwirtschaft boomte, die Devise hieß "schnell, schnell", an Wärmedämmung wurde bis zur Ölkrise kaum ein Gedanke verschwendet.

Diese Gebäude thermisch zu sanieren koste enorm viel Geld, sagte Scheuch. Zudem entsprächen Häuser aus dieser Zeit vielfach nicht mehr den heutigen Anforderungen, was Familiengröße und Lebensgewohnheiten betrifft. Deshalb sei es besser, die Häuser abzureißen und gemäß den Notwendigkeiten der heutigen Zeit neu zu errichten.

Vorbild Belgien

Scheuch verwies in diesem Zusammenhang auf ein von der belgischen Regierung vor wenigen Wochen verabschiedetes Gesetz. Mittels steuerlicher Anreize wird versucht, privates Geld für den Wohnungsbau zu mobilisieren. Eine ähnliche Vorgangsweise hielte Scheuch auch in Österreich für zielführend, wo ebenfalls viel Geld "unproduktiv" auf Bankkonten bzw. Stiftungen gebunkert sei.

Auch der Wohnbauforscher Wolfgang Amann hielte es für gut, Abriss und Ersatzneubau stärker in den Fokus zu nehmen. "Es wäre aber falsch, alles über einen Kamm zu scheren", sagt Amann dem STANDARD. Viele großvolumige Bauten aus der Zeit, insbesondere in Wien, ließen sich einfach und relativ kostengünstig thermisch sanieren. Amann: "Überdies sind die 1970er-Jahre nicht die einzige Baualtersklasse mit großen Defiziten."

Wienerberger hat laut Scheuch 2016 alle selbstgesteckten Ziele erreicht. Für 2017 gibt es ein neues Ziel: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll von zuletzt 382 Millionen auf 415 Millionen Euro gesteigert werden. Mögliche Erlöse aus Liegenschaftsverkäufen und Währungseffekte seien nicht berücksichtigt. (Günther Strobl, 22.2.2017)