Es ist ein deutlicher Widerspruch in der politischen Debatte: Obwohl Österreich laut OECD die zweithöchste Ärztedichte in Europa aufweist, sprechen Gesundheitspolitiker und Interessenvertreter häufig von einem Ärztemangel. Den einen dient das Schlüsselwort zur Rechtfertigung einer neuen Ausbildungsstätte, den anderen dazu, die Quotenregelung für das Medizinstudium, die drei Viertel aller Plätze österreichischen Studierenden reserviert, vor der EU-Kommission zu argumentieren.

Insgesamt gibt es derzeit nicht zu wenige Mediziner in Österreich. Aktuell praktizieren etwa 44.000 Ärzte, so viele wie nie zuvor. Auf 100.000 Menschen kommen damit 505 Ärzte.

Doch auch hier schlägt sich die Demografie nieder. Geburtenstarke Jahrgänge, die sogenannten Babyboomer, erreichen demnächst das Pensionsalter. Bis 2020 werden knapp ein Drittel, bis 2030 drei Viertel der Allgemeinmediziner älter als 65 sein. Das trifft vor allem den ländlichen Bereich, wo viele Allgemeinmediziner ihre Praxen übergeben wollen, aber keine Nachfolger finden.

Gehälter angepasst

Doch auch der Spitalsbereich klagt über einen Fachärztemangel: In Psychiatrie, Pathologie und Anästhesie fehlen Mediziner wie Ausbildungswillige. Gleichzeitig wollen sich viele Absolventen nicht binden, zumindest nicht gleich nach dem Studium an ein Krankenhaus im Land. Jeden dritten Absolventen drängt es für die Facharztausbildung ins Ausland.

Das Problem war hausgemacht und ist bekannt, mittlerweile versucht man einzugreifen. Die Arbeitszeiten und Gehälter für Ärzte in Ausbildung wurden angehoben, damit Absolventen nicht mehr aus finanziellen Gründen nach Deutschland oder in die Schweiz ausweichen; die Ausbildungsordnung – früher Turnus – wurde von drei Jahren auf neun Monate beschränkt. (mte, 23.2.2017)