Wer im Herbst ein Medizinstudium anfangen will, muss sich bald für einen Standort entscheiden. Von 1. bis 31. März läuft die Onlineanmeldung für die Zulassung an den öffentlichen Universitäten. Den Test können Bewerber entweder für Wien, Graz, Innsbruck oder Linz machen. Doch neben den öffentlichen Universitäten gibt es immer mehr private Anbieter. Der Wissenschaftsrat sowie die Universitätenkonferenz (Uniko) fürchten Qualitätsmängel, auch die öffentlichen Med-Unis sind über die private Konkurrenz nicht erfreut.

Die Standorte für eine Medizin-Ausbildung im Überblick (zum Vergrößern klicken).

Die private Ausbildung zum Arzt bieten derzeit die Paracelsus-Uni in Salzburg, die Karl-Landsteiner-Uni sowie die Danube Private University in Krems und die Sigmund-Freud-Uni in Wien. Doch damit nicht genug: Weitere Standorte sind geplant. Der US-amerikanische Investor John K. Eapen will im steirischen Mürzzuschlag mit der MGEI-Academy eine Zweigstelle der ukrainischen Bukovinian State Medical University einrichten. Was aber genau der Investor plant, ist unklar. Er selbst war nicht für eine Stellungnahme erreichbar, auf Nachfrage vertröstete die MGEI-Academy den STANDARD auf die Rückkehr Eapens aus den USA nach Österreich nächste Woche. Bürgermeister Karl Rudischer wäre jedenfalls "happy", wenn künftig bei ihm im Ort Medizin studiert werden könne, sagt er zum STANDARD. "Der Bedarf ist da", ist er sich sicher.

Ursprünglich war der Start schon für Herbst geplant. Das dürfte sich aber nicht ausgehen. Bei der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQA) ist bisher kein Antrag eingegangen. Geschäftsführer Achim Hopbach weist die Kritik zurück, wonach die Privaten zu wenig geprüft werden. "Alleine die Tatsache, dass seit Bestehen der Agentur die Mehrheit der Anträge auf Akkreditierung abgelehnt wurde, zeigt, dass es sich keinesfalls um eine Formalität handelt", sagt er zum STANDARD. Sämtliche Entscheidungen würden auf internationalen Gutachten beruhen.

Tiroler wollen neuen Standort

Um gegen den angeblichen Ärztemangel anzukämpfen, hat das Land Tirol ebenfalls eine Privat-Uni angekündigt. Gemeinsam mit der Universität und der Med-Uni Innsbruck sowie der privaten Universität für Gesundheitswissenschaften Umit solle eine "Medical School" errichtet werden. Geplant war ein Stipendiensystem nach Südtiroler Vorbild, wo Absolventen dazu verpflichtet werden, innerhalb von zehn Jahren vier Jahre im Land zu arbeiten. Das dürfte aber gegen EU-Recht verstoßen. Tilg will dem STANDARD keine Details zu dem Tiroler Projekt nennen und verweist auf eine Machbarkeitsstudie, deren Ergebnisse im März präsentiert werden sollen.

Helga Fritsch, Rektorin der Med-Uni Innsbruck, steht dem Vorhaben kritisch gegenüber. "Wir stehen nicht für eine ärztliche Zweiklassenausbildung zur Verfügung", sagt sie. Einem etwaigen Medizinermangel entgegenzutreten sei eine politische Entscheidung, darauf habe die Universität nur bedingt Einfluss.

Hoffnung auf Novelle

Generell wenig Freude mit den privaten Plänen hat ihr Wiener Kollege Markus Müller. Die Hürden, eine Privatuni zu gründen, seien sehr gering: "Es besteht Handlungsbedarf", sagt der Wiener Rektor im STANDARD-Gespräch und hofft auf eine entsprechende Novelle des Privatunigesetzes.

Durch das Überangebot sieht er vor allem den Ruf des Forschungsstandortes Österreich in Gefahr, "wenn man auch leicht zu Abschlüssen kommen kann". Auch wenn sie wegen gesalzener Studiengebühren teuer erkauft sind.

Bewerber für ein Medizinstudium in W
Foto: apa/Schlager

Seine Skepsis richtet sich aber nicht gegen alle privaten Medizin-Unis. Eine Niederlassung der renommierten Johns-Hopkins-Universität würde er etwa befürworten. In Österreich kann er dennoch kein "positives und sinnvolles" Beispiel nennen. Schwierig ist sein Verhältnis zur Karl-Landsteiner-Uni, an der die Med-Uni Wien zu einem Viertel beteiligt ist und Aufbauarbeit geleistet hat. Das sei unter seinem Vorgänger Wolfgang Schütz geschehen. Intern werde nun beraten, wie mit den Anteilen weiter umgegangen werden soll, wenngleich er derzeit keinen Grund sieht, sich aus Krems zurückzuziehen. "Es muss ein klarer Wille zur Forschungstätigkeit erkennbar sein", erklärt er. Aktuell sei die Forschungstätigkeit mäßig, was Müller aber auf ein fehlendes Forschungsgebäude zurückführt.

Besonders wichtig ist ihm ein Nebenbeschäftigungsverbot für seine habilitierten Mitarbeiter. "Es ist unangebracht, dass sich die privaten Unis an den personellen und intellektuellen Ressourcen der Öffentlichen bedienen."

Zersplitterung

Ähnlich sieht das Oliver Vitouch, Präsident der Uniko und Rektor der Uni Klagenfurt. "Die Qualitätssicherung spielt gerade im Bereich der Medizin eine herausragende Rolle", sagt er. Schließlich sei es wichtig, dass künftige Ärzte nach den höchsten Standards ausgebildet werden. Es dürfe jedenfalls keine "Medizin-Uni light geben". Generell sieht Vitouch ein Problem in den vielen Medizinstandorten. "Der österreichische Hochschulraum sollte koordiniert entwickelt und die Finanzierung gebündelt werden", sagt er: "Eine Zersplitterung ist der falsche Weg."

Das Wissenschaftsministerium fühlt sich in der Frage, ob Bedarf an Privatunis bestehe, nicht zuständig. Österreich habe jedenfalls im europäischen Vergleich eine hohe Zahl an öffentlichen Medizinstudienplätzen. (Steffen Arora, Marie-Theres Egyed, Lisa Kogelnik, 23.2.2017)