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China bietet als riesiges Land mit steigendem Wohlstand und hoher Durchdringung mit mobilem Internet gute Wachstumsaussichten für junge Finanzdienstleister. Das haben auch Investoren erkannt und fokussieren ihre Anlagen in diese sogenannten Fintechs auf das Reich der Mitte.

Foto: AP / Mark Schiefelbein

Wien – Beim Thema Fintechs ist China zum weltweiten Hotspot geworden. Im Vorjahr hat das Reich der Mitte nicht nur in den ersten drei Quartalen die Vereinigten Staaten als Nummer eins bei den Finanzierungen dieser aufstrebenden, jungen Finanzdienstleister überholt, wie aus einer aktuellen Erhebung der Citigroup hervorgeht, vielmehr hat der chinesische Drache mehr als die Hälfte der weltweiten Investitionen in Fintechs von rund 18 Milliarden Dollar auf sich konzentriert. Das entspricht mehr als einer Verdoppelung im Reich der Mitte verglichen mit den ersten neun Monaten des Jahres zuvor.

Aus Sicht der Studienautoren ist das keine große Überraschung, bietet doch das riesige Land günstige Rahmenbedingungen für rasantes Wachstum in diesem Bereich: Einerseits wächst der Wohlstand, sodass laut der Studie im Jahr 2020 bereits 54 Prozent der Chinesen in der oberen Mittelschicht angekommen sein sollen, was die Citigroup mit einem jährlichen Haushaltseinkommen zwischen 16.000 und 34.000 Dollar definiert. Zudem hat das Land eine hohe Durchdringung mit mobilen Internetgeräten, auf die viele Fintech-Lösungen setzen. Im Jahr 2015 waren bereits neun von zehn Chinesen mit einem mobilen Zugang zum Netz ausgestattet.

Neue Technologien

Fintechs setzten auf neue Technologien wie Smartphones, um neue Finanzdienstleistungen anzubieten oder an die Kundenbedürfnisse anzupassen. Die Angebotspalette reicht von Zahlungsverkehr über Finanzierung wie Crowdfunding bis zu Kreditvermittlungsplattformen für Privatpersonen.

Weit abgeschlagen bei den Fintech-Finanzierungen hinter China und den USA befindet sich Europa, auf das nur rund ein Zehntel der globalen Investitionen entfallen ist. Als Ursachen führt die Citigroup einerseits die Knappheit an Venture Capital, das ist unternehmerisches Risikokapital, an. Dazu komme das Fehlen von großen Internetkonzernen wie Google, Facebook, Amazon oder auch Alibaba in China.

Damit will sich Cora van Nieuwenhuizen nicht zufriedengeben. Sie ist Fintech-Beobachterin im Europäischen Parlament und hat Ende des Vormonats Alarm geschlagen. Die liberale niederländische Abgeordnete hat es sich nämlich zum Ziel gesetzt, Fintechs auch in Europa zum Durchbruch zu verhelfen und dazu Hindernisse für Start-ups und innovative Finanzprodukte im Banken- und Versicherungssektor auf dem Alten Kontinent abzubauen.

Aktionsplan der EU gefordert

"Die Fintech-Revolution, die wir derzeit erleben, ist global", sagt van Nieuwenhuizen, "wenn Europa wettbewerbsfähig bleiben will, muss schnelle Innovation auch in der EU zur Norm werden." Um das zu erreichen, fordert sie die EU-Kommission auf, einen Aktionsplan für Fintechs zu erstellen. Sie kritisiert, dass diese bisher vom Standpunkt aus betrachtet würden, dass sie Banken und Versicherungen durch ihre Innovationen stören würden.

Fintechs sollten hingegen als Teil eines ganzheitlichen Finanzwesens verstanden werden, ergänzt die Niederländerin. Sie böten nämlich die Gelegenheit, grenzüberschreitende Finanzströme zu ermöglichen und Plattformen für alternative Darlehensgewährung und neue Investitionskanäle zu bilden. Der Bedarf besteht offenbar, wie sich am Beispiel des niederländischen Versicherers Aegon zeigt: Dieser will binnen dreier Jahre 1,5 Milliarden Euro über Auxmoney verleihen. Zusätzlich erhält die deutsche Plattform zur privaten Kreditvermittlung von Aegon auch eine Geldspritze von 15 Millionen Euro.

Laut Citigroup hat der Bereich Kreditvermittlung, in dem auch Auxmoney tätig ist, bei den Investitionen global seine Spitzenstellung an Fintechs aus der Versicherungsbranche, auch Insurtechs genannt, abgegeben. Auch der Zahlungsverkehr liegt bei Geldgebern weiterhin hoch im Kurs. Dass sich Investitionen in Fintechs durchaus lohnen können, zeigt eine Erhebung der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman: Ihr zufolge haben die weltweit 50 größten Banken und Versicherungen ihren Wert binnen fünf Jahren um 58 bzw. 79 erhöhen können. Die Top 50 der Fintechs legten mit 169 Prozent jedoch mehr als doppelt so stark zu. (Alexander Hahn, 26.2.2017)