Es passierte, als in Wien die letzten, nervösen Vorbereitungen für den Opernball getroffen wurden. Blumengestecke geprüft. Würstel gezählt. Frack- und Robenkontrolle, ob auch alles so sitzen würde wie geplant. Die Aufmerksamkeit schien gesichert. Lugners Gast schon angekommen, die Liste der teilnehmenden Politiker und Politikerinnen bestätigt.

Eine hatte schon vorab abgesagt: Ministerin Sabine Oberhauser. Ihren Wetterbericht, der über die langen Monate der Krankheit Kontakt nach außen hergestellt hatte und der von hunderten Facebookfreunden täglich erwartet und kommentiert wurde, manchmal auch von mir, konnte sie nicht mehr selbst weiterführen.

Als ich sie kennenlernte, einige Zeit, bevor sie Ministerin wurde, war ich von ihrer Offenheit überrascht. Und von der Freundlichkeit. Es fühlte sich vertraut an. Nicht üblich für eine Politikerin. Als ich sie im Spital besuchte, war sie auch da offen. Voller Hoffnung. Und ein klein wenig ängstlich. Ich kenne diesen Ausdruck im Gesicht. Wenn etwas Dunkles und Unberechenbares plötzlich über einen hereingebrochen ist. Das Leben ist unberechenbar. Darüber sprachen wir aber nicht.

Wir sprachen über ihre Glücksbringer und über Genesungswünsche, die sie immer wieder durchlas: es war ihr wichtig, es war ein Ritual, eine sorgfältige Beschwörung der guten Geister. Ein Fokussieren auf alles Stärkende. Später trug sie die Glatze, wie andere Kronen tragen. Hocherhobenen Kopfes. Als der Krebs wiederkam, stand sie erneut auf, um in den Ring zu steigen. Sie war schwächer als beim ersten Mal. Sie wollte aber nicht aufgeben. Sie wollte leben, sie wollte arbeiten. Ihre sehr persönliche Entscheidung, die zu respektieren ist.

Wir schafften es nicht, einen neuen Besuchstermin zu finden. Ich dachte, wir hätten Zeit. Ein Fehler. Sabine Oberhauser ist am Tag des Opernballs gestorben. Meine Hochachtung vor ihr, die so viel Mut und Stärke bewiesen hatte, schicke ich ihr nun nach. Auf eine leichte Reise. (Julya Rabinowich, 24.2.2017)