Es gibt in Paris und rund um die französische Hauptstadt viele schöne Plätze, an denen sich Politiker über die weitere Zukunft der Union nach dem EU-Austritt Großbritanniens den Kopf zerbrechen könnten. Der Präsidentenpalast Élysée (übersetzt: Paradies) im Zentrum wäre naheliegend. Oder – etwas parlamentarischer – die Assemblée nationale, die Nationalversammlung.

Auch Schloss Fontainebleau südlich der Stadt hätte konkreten Europabezug: Dort hatte einst Valéry Giscard d'Estaing mit dem deutschen Kanzler Helmut Schmidt den Reigen informeller EU-Gipfel gestartet und die Fundamente für die spätere Währungsunion gelegt. Tiefe Veränderung.

Nun lädt wieder einmal ein französischer Staatspräsident in Sachen EU-Reform ein: ausgerechnet ins Schloss Versailles. Das Domizil des "Sonnenkönigs" Louis XIV., Ort des Friedensvertrages von 1919, ist symbolisch kein idealer Ort – demokratiepolitisch wie historisch. Insbesondere die kleinen EU-Partnerländer dürfen sich vom versteckten Machtanspruch herausgefordert sehen.

François Hollande hat neben der Deutschen Angela Merkel nur die Premiers von Italien und Spanien geladen. So wird die Zukunft der EU-27 aber kaum erfolgreich zu bewältigen sein – als Zufallsvierer von künftig 27 Mitgliedstaaten. Versailles statt Brüssel, das geht nicht. Da wäre die Versöhnungsstadt Straßburg als Austragungsort doch besser gewesen – als Sitz von Europarat und EU-Parlament. (Thomas Mayer, 24.2.2017)