Wien – Bund und Länder widmen sich wieder einer Bundesstaatsreform. Noch im ersten Halbjahr 2017 will man eine Reihe von Vorschlägen präsentieren, die für ein effizienteres Staatswesen sorgen, hieß es am Samstag nach dem ersten Treffen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, bestehend aus Regierungsspitzen und Ländervertretern.

Auf der Agenda des Gremiums stehen etwa die Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern sowie Vereinfachungen beziehungsweise Vereinheitlichungen beim Wirtschaftsrecht. Bei Bauordnung und Anlagengenehmigungen sollen schnellere Verfahren ermöglicht werden, insbesondere bei Umweltverträglichkeitsprüfungen, die immer wieder zu jahrelangen Verfahren und einer Gutachterflut führen, wie zuletzt etwa im Fall der dritten Lande- und Startpiste am Flughafen Wien in Schwechat.

Reformen soll es auch beim Energierecht geben, ebenfalls geplant ist eine Vereinheitlichung des Jugendschutzes, der von den einzelnen Bundesländern derzeit unterschiedlich geregelt wird. Auch mit dem Armenwesen – Stichwort Mindestsicherung – will man sich auseinandersetzen. Im Regierungsprogramm wird das mögliche Einsparungspotenzial einer effizienteren Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern mit einer Milliarde Euro beziffert.

Kern: Geht nicht um Machtverschiebung

"Es geht nicht darum, dass wir eine Machtverschiebung herbeiführen wollen – mehr Kompetenzen für den Bund oder mehr Kompetenzen für die Länder", sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) nach dem ersten Treffen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe. "Wir wollen ein effizienteres Staatswesen. Wir wollen dafür sorgen, dass Bremsen für Beschäftigung und Wachstum beseitigt werden".

Es gehe darum, das Gemeinwesen neu zu ordnen. "Wir wissen, dass Österreich und unsere Verwaltungsstrukturen nicht wirklich ein schlankes Rehlein sind. Wir wissen, dass wir Effizienzsteigerungsbedarf auf allen Ebenen der Bundesverwaltung haben", sagte Kern.

Mitterlehner will "pragmatisch vorgehen"

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) betonte, dass es für ihn nicht die erste Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Bundesstaatsreform sei. "Deshalb ist es mir ein Anliegen, dass wir konkret vorgehen, dass wir pragmatisch vorgehen und dass wir die gesamte Zusammenarbeit zuwischen Bund und Ländern auf neue Beine stellen, nach dem Motto: Wir wollen vereinfachen, wir wollen beschleunigen, wir wollen effizienter werden."

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), der derzeit den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz hält, versicherte, dass auch die Länder großes Interesse an Reformen hätten. Damit Österreich "zukunftsfit" bleibe. "Es geht nicht darum, dass wir weniger Föderalismus brauchen. Was wir brauchen, ist ein klarerer Föderalismus, wo die Aufgaben zwischen Bund und Ländern ganz genau aufgeteilt werden, damit wir nicht Doppelgleisigkeiten haben. Das wurde heute klargestellt", sagte Platter nach der Gesprächsrunde im Bundeskanzleramt.

Auf Seiten des Bundes gehören der Arbeitsgruppe neben Bundeskanzler Kern und Mitterlehner noch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und SPÖ-Regierungskoordinator Thomas Drozda an. Die Länder sind durch Platter und seine Parteikollegen Josef Pühringer (Oberösterreich) und Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich) sowie die SPÖ-Landeshauptleute Michael Häupl (Wien) und Hans Niessl (Burgenland) vertreten. Ende April soll das Gremium neuerlich tagen, danach stehen die bis dahin erarbeiteten Ergebnisse auch auf der Tagesordnung der nächsten Landeshauptleutekonferenz am 12. Mai in Tirol.

Kern: "Es wird kein anderes Land werden"

Dass man sich den wirklich großen Themen einer möglichen Bundesstaatsreform gar nicht erst widme, wollen Regierung und Länder so nicht sehen. "Wir haben eine entspannte und pragmatische Vorgangsweise, wo es nicht um Gewinner oder Verlierer geht. Wir haben die wichtigen Themen nicht ausgespart, die sind auch dabei, gerade wenn es um solche Tatbestände wie Mindestsicherung geht. Aus meiner Sicht ist vom System her alles dabei", sagte etwa Vizekanzler Mitterlehner.

"Wir werden die Welt nicht aus den Angeln heben, es wird kein anderes Land werden", sagte Kern dazu, "aber es gibt evidente und auffällige Ineffizienzen, die schaden den Ländern, die schaden dem Bund, die schaden den Steuerzahlern, und das Ziel muss sein, zu sagen, auf welcher Ebene kann ich das am besten machen".

Für Tirols Landeschef Platter sollten Parallelstrukturen jedenfalls der Vergangenheit angehören. Man brauche Geld für Wirtschafts- und Wachstumsimpulse und nicht für Parallelstrukturen. Beim Thema Schulautonomie sieht Platter Bund und Länder übrigens schon "im Finale" einer gemeinsamen Lösung. (APA, 25.2.2017)