Es war also kein Scherz. Nokia – besser gesagt die Firma, die jetzt unter diesem Namen agiert – hat auf dem Mobile World Congress eine Neuauflage des Nokia 3310 vorgestellt. Das ursprüngliche Gerät war im Jahr 2000 auf den Markt gekommen. Jahre, bevor iPhone und Android die mobile Welt aufgemischt und Smartphones die simpleren Feature Phones ins Abseits gedrängt haben. 17 Jahre später dominieren Geräte mit großen, hochauflösenden Bildschirmen, starken Kameras und leistungsfähigen Prozessoren mit einer Performance, die jene der damaligen PCs übersteigt. In diesem Umfeld versucht nun also Nokia ein Comeback mit einem "Dumbphone" und drei Android-Modellen. Und so überraschend es klingen mag, gerade mit dem 3310 könnte das gelingen.

Features Phones nicht ausgestorben

Die klassischen Handys sind in den vergangenen Jahren trotz iPhones und Galaxys durchaus nicht ausgestorben. Hersteller wie Samsung, Emporia oder unter Microsoft-Führung auch Nokia selbst brachten immer wieder neue Modelle. Mit langer Akkulaufzeit und abgespeckten Browsern sind sie vor allem für Emerging Markets geeignet, in denen sich Nutzer keine hochpreisigen Endgeräte und teuren Mobilfunktarife mit hohem Datenvolumen leisten können. Bei vielen dieser Geräte steht die Funktion im Vordergrund. Sie liefern, was sie liefern sollen. Ein bestimmter Lifestyle, wie er bei Smartphones mitverkauft wird, steht im Hintergrund.

Aber genau das könnte dem Nokia 3310 nun zum zweiten Frühling verhelfen. Das Unternehmen macht keinen Hehl daraus, dass man voll und ganz auf den Appeal des alten Modells setzt. So wird die Retro-Benutzeroberfläche ebenso betont wie das "Design mit legendärer Form" und das vorinstallierte Spiel "Snake".

Das neue 3310 kommt mit dem Betriebssystem Nokia Series 30+, das optisch an alten Zeiten erinnern soll.
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"Snake" spielt man jetzt in Farbe und bunt.
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Kein Touch, kein mobiles Breitband

Die Features des Modells sind schnell zusammengefasst: das Display misst 2,4 Zoll und kann – im Gegensatz zum Original – nun auch Farben darstellen. Der auswechselbare Akku bietet nach Herstellerangaben eine Standby-Zeit von bis zu 31 Tagen und maximal 22 Stunden Sprechzeit. Mit einer Kamera auf der Rückseite können 2-Megapixel-Fotos aufgenommen werden. Gespeichert werden sie wie auch Musiktitel auf einer microSD-Karte (maximal 32 GB), intern verfügt das Handy nur über 16 MB Speicher. Als Betriebssystem kommt Nokia Series 30+ zum Einsatz, Apps und Spiele können aus einem Store geladen werden. Zum Surfen ist Opera Mini vorinstalliert, wenn man doch einmal einen Abstecher ins Internet machen will. Auf schnelles, mobiles Internet muss man aber verzichten. Das Nokia 3310 unterstützt nur 2G, dafür aber zwei SIM-Karten. Für weitere Verbindungsmöglichkeiten gibt es Bluetooth und Micro-USB.

Im Hands-on auf dem Mobile World Congress präsentierte sich das 3310 als leichtes, kleines und überraschend flottes Handy. Einige Funktionen waren noch nicht verfügbar – so konnte man mit den Testgeräten keine Fotos aufnehmen. Die simple Oberfläche erinnert an die alten Nokias mit neuem Schliff. Bedient wird das Handy über die klassischen Tasten – einen Touchscreen gibt es nicht. Das Display ist leicht gebogen und soll dank polarisierter Beschichtung auch im Sonnenlicht gut lesbar sein. Das konnte zwar auf der Messe nicht überprüft werden, dennoch fiel auf, dass der Bildschirm sehr hell ist und die Farben intensiv leuchten. SMS tippt man, wie man im Jahr 2000 eben getippt hat: über die klassische Handytastatur. Das will erst wieder geübt werden.

An das Tippen auf der alten Handytastatur muss man sich erst wieder gewöhnen.
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Ist das Gehäuse so robust wie beim Original? Die Autorin wagte nicht, es auf der Messe auf die Probe zu stellen.
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Die Farbwahl ist Geschmackssache.
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Wie widerstandsfähig das 3310 ist – eine besonders hochgelobte Eigenschaft des Originals – wird erst der Alltagseinsatz zeigen. (Ein Wurf- oder Falltest kann auf Messen nicht gewagt werden, ohne die Aufmerksamkeit des Security-Personals auf sich zu ziehen.) Bei den Farben hätte Nokia eine etwas breitere Auswahl liefern können: Dunkelbau, Grau, Rot-Orange und knalliges Gelb gibt es. Die beiden letzteren Ausführungen kommen mit einem Hochglanz-Gehäuse, das recht anfällig für Fingertapper ist.

Der Reiz von Retro

Wen also soll so ein Gerät interessieren? Zum Einen wären die bereits erwähnten Märkte, wo sich Nutzer keine Smartphones leisten können. Zum Anderen könnte das neue 3310 eine Generation ansprechen, die ihre Freude an Retro hat – Partyfotos mit Polaroid-Kameras schießt und sich neben der Spotify-Playlist eine Vinyl-Sammlung aufbaut. Und sich ab und zu eine Auszeit vom Allways-On-Alltag wünscht, aber für den Notfall doch erreichbar bleiben will – auf Partys, bei Spaziergängen oder im Urlaub. So könnte das neue Nokia 3310 zum Zweitgerät werden, wenn man mal eine Stufe zurückschalten will. Das Handy soll im zweiten Quartal um 49 Euro auf den Markt kommen.

Drei Mal Android

Dass der Hype um ein billiges Retro-Modell allerdings auch ein langfristiges Comeback sichern kann, darf stark bezweifelt werden. Genau genommen war das 3310 nur das "One more thing" zum Haupt-Launch. So hat Nokia drei neue Android-Smartphones im Gepäck, die sich bei Ausstattung und Preis an Einsteiger- und mittleren Preissegment orientieren. Im ersten Hands-on zeigen sie sich als durchaus solide Smartphones.

Nokia 3
Foto: Standard/Riegler
Nokia 5
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Nokia 6
Foto: Nokia 6

Erfreulich: Android kommt ohne Verzerrungen durch Bloatware oder angepasste Oberfläche und soll laut Nokia bei Updates zeitnah aktualisiert werden. Die Verarbeitung wirkt robust und gut verarbeitet, die Bedienung flüssig. Unterschiede gibt es bei den drei Modellen vor allem bei Display-Größe, Kamera und Prozessor-Leistung. Insgesamt weisen die Gerät für sich genommen zwar keine herausragenden Besonderheiten auf. Mit attraktiven Preisen von 229 Euro für das Nokia 6, 189 Euro für das Nokia 5 und 139 Euro für das Nokia 3 dürften sie aber einen Markt finden. (Birgit Riegler aus Barcelona, 27.2.2017)