Eltern sollen den Essensbeitrag leisten, auch wenn das Kind gar nicht im Kindergarten ist: So steht es in den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Multika. (Symbolfoto)

Foto: APA / AFP / ROMAIN PERROCHEAU

Wien – Familie M.* nahm ihr Kind aus dem privaten Wiener Kindergarten Multika, als dieser im Jänner Insolvenz anmeldete. Grund für die Entscheidung war auch die aus Sicht der Familie mangelhafte Betreuung. Multika war in die Schlagzeilen geraten, weil der Verein zu wenig Personal beschäftigt und zu wenig Gehalt bezahlt haben soll.

Nach der Abmeldung ihres Kindes bekam Familie M. Rechnungen von Multika: Während der Kündigungsfrist sei neben dem Kindergartenbeitrag auch ein Ersatz für die Förderung der MA 10 (Kindergärten) zu bezahlen: laut Familie M. insgesamt rund 1600 Euro für drei Monate.

Keine Kontrollmöglichkeit

Die entsprechende Klausel findet sich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Vereins: Ersatz für die städtische Förderung sei dann zu leisten, wenn diese wegfällt, weil das Kind schon innerhalb der Kündigungsfrist den Kindergarten wechselt.

Für Gabriele Vana-Kowarzik, Juristin der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien, ist diese Klausel "problematisch". Ein Schadensersatzanspruch sei zwar grundsätzlich legitim, doch die Eltern hätten hier keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob die Förderung tatsächlich weggefallen ist. Denkbar wäre etwa, dass ein anderes Kind den Platz übernommen hat, der Kindergarten die Förderung also weiterhin bekommt.

"Förderungen ohne Prüfung"

Das sei nicht die einzige "stark benachteiligende" Klausel in den AGB von Multika: So wird etwa im Fall von Abwesenheit des Kindes wegen Urlaubs oder Krankheit der Beitrag für "die Zusatzleistungen, Sprachangebote, und die Verpflegung nicht zurückerstattet".

"Ich gehe davon aus, dass für ein abwesendes Kind kein Essen bestellt wird. Die Eltern sollen aber dafür zahlen", so Vana-Kowarzik zum STANDARD. Sie kritisiert, dass die Stadt Wien Förderungen an Kindergärten vergibt, "aber vorher scheinbar nicht die AGB juristisch prüfen lässt".

Fälle beim VKI

Auch dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) sind zwei Fälle "rechtswidriger" AGB privater Kindergärten in Wien bekannt: Oft gehe es um Gebühren oder Kautionen, die auch dann nicht rückerstattet werden, wenn der Vertrag seitens des Kindergartenbetreibers aufgelöst wird, sagt Ulrike Docekal vom VKI. Oder es bestehe eine Anwesenheitspflicht während der Kündigungsfrist.

Bei Intervention durch den VKI würden die Betreiber oft damit argumentieren, dass sie die Klauseln den Förderrichtlinien der Stadt angepasst hätten: "Es mag eine sachliche Rechtfertigung geben, die AGB müssen aber auch zivilrechtlich passen", sagt Docekal.

Laut Eva Reznicek, Abteilungsleiterin bei der MA 10, werden die AGB der Vereine beim Ansuchen um die Förderung "sehr wohl juristisch geprüft". Passt etwas nicht, müssten sie korrigiert und neu vorgelegt werden. Die Vereine seien zudem verpflichtet, Änderungen der AGB zu melden.

Konkursverfahren läuft

Die Multika-AGB kenne man in der aktuellen Fassung nicht. Der seit 2009 bestehende Verein müsse sie nachträglich geändert, dies aber nicht gemeldet haben.

Das Konkursverfahren läuft: Ziel sei, dass die Betreuungsplätze erhalten bleiben, sagt Reznicek. Auch die Vorwürfe bezüglich Personal und Gehältern seien aufrecht. Die Stadt wolle die im beanstandeten Zeitraum ausbezahlten Förderungen zurückfordern.

Bei Multika war für den STANDARD bis Redaktionsschluss niemand zu erreichen. (Christa Minkin, 28.2.2017)