Amaury Triaud widmet sich der Erforschung ferner Welten.

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STANDARD: Astronomen haben mittlerweile tausende Exoplaneten entdeckt – was ist an den um den Zwergstern Trappist-1 kreisenden so außergewöhnlich?

Triaud: Zum einen wurden noch nie zuvor so viele fast erdgroße Exoplaneten um einen Stern entdeckt, das ist natürlich spektakulär. Zum anderen kennen wir den Radius und die Masse von sechs dieser Planeten ziemlich genau und konnten berechnen, wie viel Energie sie von ihrem Stern erhalten. Das ermöglicht uns, noch viel über die Bedingungen auf diesen Planeten herauszufinden. Wir sagen nicht, dass dort die besten Bedingungen für die Entstehung von Leben herrschen – das wissen wir noch nicht. Aber es ist bisher das einzige System, in dem wir mit heutigen Methoden Leben finden könnten, wenn es dort ist.

STANDARD: Im Vorjahr haben Sie und Ihre Kollegen um Trappist-1 drei Planeten entdeckt, nun weitere vier. Wie wahrscheinlich ist es, dass es in diesem System noch mehr Welten gibt?

Triaud: Es ist durchaus möglich, aber wir wissen es nicht genau. Je weiter die Planeten von ihrem Stern entfernt sind, desto schwieriger sind sie aufzuspüren. Wenn sie aus unserer Perspektive auf ihrer Bahn den Stern nie verdecken, sind sie mit unserer Technik nicht sichtbar. Es gibt andere Möglichkeiten, nach ihnen zu suchen, aber das ist schwieriger und kann lange dauern. Wir werden aber mit Sicherheit nach weiteren Welten Ausschau halten.

STANDARD: Könnten die Planeten auch Monde haben?

Triaud: Wir haben bisher noch keine Anzeichen dafür gefunden. Das Planetensystem ist ja sehr klein, die Planeten stehen nahe beisammen – es passt alles in den Orbit von Merkur. Aber auszuschließen ist es gegenwärtig nicht.

STANDARD: Was sind nun die nächsten Schritte bei der Erforschung des Planetensystems?

Triaud: Im Augenblick versuchen wir, die Umlaufzeit des äußersten Planeten genauer zu bestimmen, also wie lange er braucht, um den Stern vollständig zu umrunden. Für die anderen Planeten wissen wir das bereits. Während wir ihre Transite beobachten, können wir auch weitere Details über die Interaktionen zwischen den Planeten herausfinden und so ihre Massen noch genauer bestimmen. Daraus lässt sich dann auf ihre Zusammensetzung schließen, etwa wie felsig sie sind oder wie viel Wasser es auf ihrer Oberfläche geben könnte. Gleichzeitig versuchen wir natürlich, so viel wie möglich über die Atmosphären der Planeten herauszufinden.

STANDARD: Gibt es dazu schon erste Ergebnisse?

Triaud: Wir konnten bereits für die innersten zwei Planeten ausschließen, dass sie eine Wasserstoffhülle haben, und arbeiten gerade an den nächsten vier. Anfangs hatten wir ja noch befürchtet, dass diese Planeten zwar in etwa erdgroß, aber so etwas wie Mini-Neptuns sind, also kleine Gasplaneten. Es handelt sich aber allem Anschein nach tatsächlich um Gesteinsplaneten. In den kommenden Monaten werden wir ihre Atmosphären mithilfe des Hubble-Weltraumteleskops genauer beobachten, um herauszufinden, wie dicht diese sind.

STANDARD: Was verspricht der Start des James-Webb-Weltraumteleskops im kommenden Jahr für Ihre Forschung?

Triaud: Damit können wir dann auf die Jagd nach vielen Molekülen gehen. Wir wissen ja, dass das Leben auf der Erde die Zusammensetzung unserer Atmosphäre dramatisch verändert hat, nach Anzeichen dafür können wir dann gezielt im Trappist-1-System suchen. Zunächst werden wir schauen, welche Oberflächentemperaturen die jeweiligen Atmosphären überhaupt zulassen. Für die Entstehung von Leben auf den äußeren Planeten wäre es gut, wenn sie höhere Anteile an Treibhausgasen hätten, weil sie sonst zu kühl sein könnten. Bei den inneren Planeten ist es genau umgekehrt.

STANDARD: In Modellrechnungen kommt Ihr Team zum Schluss, dass sich einige, vielleicht sogar alle Planeten um Trappist-1 in gebundener Rotation befinden – dass sie dem Stern also stets dieselbe Seite zuwenden. Hätte das einen Einfluss auf ihre Bewohnbarkeit?

Triaud: Das Phänomen der gebundenen Rotation kommt häufig vor, man denke nur an unseren Mond, der der Erde stets dieselbe Seite zeigt. Lange Zeit wurde spekuliert, ob das möglicherweise ein Aspekt ist, der zur Entstehung von Leben auf unserem Planeten beigetragen hat. Das Aufregende an Trappist-1 ist, dass wir jetzt von theoretischen Spekulationen zur empirischen Überprüfung übergehen können. Es ist ein großartiges Experiment, das wir jetzt endlich durchführen können.

STANDARD: Kleine, kühle Sterne wie Trappist-1 sind relativ häufig. Kann man also davon ausgehen, dass viele davon Planeten besitzen?

Triaud: Solche Zwerge zählen sogar zu den häufigsten Sternen in unserer Galaxie – rund die Hälfte aller Sterne hat weniger als ein Viertel Sonnenmasse. Dass wir um so einen Stern gleich sieben erdähnliche Planeten gefunden haben, weckt Hoffnung: Die Planetenentstehung könnte in diesen Systemen sehr effizient sein. Der Gedanke daran, dass die Hälfte der Sterne am Himmel erdähnliche Planeten haben könnte, ist fantastisch! Wir werden diesem Sterntyp in Zukunft definitiv mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. (David Rennert, 28.2.2017)