Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Wolfgang Sobotka (ÖVP) bleiben dabei: Asylwerber mit negativem Bescheid sollen in letzter Instanz in "Rückkehrzentren" eingesperrt werden.

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Frage: Was wurde am Dienstag im Ministerrat genau beschlossen?

Antwort: Die Regierung hat dem geplanten Fremdenrechtspaket ihr Okay gegeben. Ausständig sind Pläne aus dem im Jänner vereinbarten Arbeitsprogramm – etwa für Rückkehrzentren. Diese sollen ins Paket eingearbeitet werden, daher wird es bis zum Beschluss im Nationalrat noch dauern.

Frage: Teil des Pakets ist, dass Menschen mit negativem Asylbescheid sofort aus der Grundversorgung fallen sollen. Was würde das bedeuten?

Antwort: Derzeit werden auch Menschen mit negativem Asylbescheid grundversorgt – untem anderem dann, wenn eine Rückkehr nicht möglich ist, weil das Ursprungsland sie nicht zurücknimmt. Die fortgesetzte Basisversorgung ist auch von der EU-Aufnahmerichtlinie vorgesehen – mit der neuen Regelung würde gegen diese verstoßen. Der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker warnt, dass durch den Wegfall der Versorgung Betroffene in Obdachlosigkeit und Kriminalität getrieben würden. Auch NGOs befürchten, dass Menschen plötzlich unversorgt auf der Straße stehen würden. Auch aus der Bundes-SPÖ kommt Kritik.

Frage: Wie viele Personen wären betroffen?

Antwort: Mit Stichtag Montag waren österreichweit 3.372 Personen mit rechtskräftigem Negativbescheid in Grundversorgung: rund fünf Prozent der insgesamt 77.555 Grundversorgten.

Frage: Noch nicht fix geplant sind die Rückkehrzentren: Was stellen sich Innen- und Verteidigungsminister darunter vor?

Antwort: Asylwerber, die trotz negativen Bescheids, Rückkehrberatung und Verwaltungsstrafen nicht ausreisen wollen, sollen in "Rückkehrzentren" gebracht werden. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) forderte am Dienstag vor Journalisten ein solches Zentrum in jedem Bundesland sowie an Flughäfen. Er sprach zunächst von einer "Internierung", korrigierte sich dann aber: Asylwerber sollen "auf ihre Ausreise vorbereitet werden". Aus dem Kabinett des Innenministeriums heißt es auf Nachfrage des STANDARD allerdings, dass Details zu den Rückkehrzentren, in welchen es "keine Bewegungsfreiheit" gibt, noch gar nicht feststünden. Die Anzahl werde "überlegt" – neue Gebäude sollen nicht errichtet werden. Was der Innenminister eigentlich für jedes Bundesland fordere, sei, dass die Rückkehrberatung dort stattfindet. Neu wäre daran, dass der Betroffene das Bundesland nicht verlassen darf. Wenn dieser sich weiterhin weigert, freiwillig zurückzukehren, soll er an den Bund überstellt werden. "Ein paar" der bereits existierenden Bundesbetreuungsstellen – etwa Thalham – könnten zu Beratungseinrichtungen für die Rückkehr umfunktioniert werden. Erst wenn auch dort keine freiwillige Ausreise erreicht wird, würde der Betroffene in ein Rückkehrzentrum überstellt, das er – außer für seine Ausreise – nicht mehr verlassen darf.

Frage: Ist das Freiheitsentzug?

Antwort: Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Nils Muiznieks, bezeichnete eine solche Anhaltung im STANDARD als "Haft".

Frage: Wie lange sollen Menschen so festgehalten werden können?

Antwort: Zuletzt war von "ein paar Wochen" die Rede. Am Dienstag hieß es nur, dass Juristen dies klären müssten.

Frage: Was ist der Unterschied zu den bereits existierenden Schubhaftzentren wie jenem in Vordernberg?

Antwort: Die Anhaltung in einem Schubhaftzentrum diene "der Sicherung der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung", heißt es aus dem Innenministerium.

Frage: Wer soll das angedachte mehrstufige Rückkehrsystem zahlen?

Antwort: Das ist offen. Kanzleramtsminister Thomas Drozda verweist auf nötige Verhandlungen mit den Ländern. Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, will sich zu einer möglichen Kofinanzierung erst äußern, wenn er Details kennt.

Frage: Anlass zur Kritik geben auch weitere Neuerungen. Welche?

Antwort: Verfahren, um den Flüchtlingsschutz wieder abzuerkennen, sollen im Fall von Straffälligkeit bereits bei Betreten auf frischer Tat oder bei Anklageerhebung starten. Derzeit wird die rechtskräftige Verurteilung abgewartet, wie es internationalen Konventionen entspricht. Kritisiert wird auch der Plan, Mitarbeiter von Bundesbetreuungsstellen zu Organen der öffentlichen Aufsicht zu erklären. Damit könnten sie Strafen bis zu 500 Euro oder zwei Wochen Arrest aussprechen. (Irene Brickner, Lisa Kogelnik, Christa Minkin, 28.2.2017)