Trauerminute für Sabine Oberhauser im Parlament: Besinnlich war nur das Gedenken an die verstorbene Ministerin.

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Wien – Ein Blumenbukett vor dem verwaisten Sessel, rote Nelken an sozialdemokratischer Brust: Der Auftakt der Parlamentswoche am Mittwoch stand im Zeichen des Gedenkens an die verstorbene Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. "Mit offenem Herzen und Respekt" sei diese den Menschen begegnet, würdigte Nationalratspräsidentin Doris Bures.

Besinnlich ging es freilich nicht weiter, hatte doch die FPÖ eine Debatte über Arbeitsplätze, Pensionen und die "Masseneinwanderung ins Sozialsystem" beantragt. Vizeklubchefin Dagmar Belakowitsch-Jenewein legte ein Tempo vor, als wollte sie die absolvierte Trauerminute wettmachen.

Förderung der Ausländer

Die überfälligen Abschiebungen abgelehnter Asylwerber würden von der Regierung nur angekündigt, aber nicht durchgezogen, wetterte die Abgeordnete, die Jobprogramme stützten die Falschen: Weil der Beschäftigungsbonus auf alle gemeldeten Arbeitslosen abzielt, würden die in dieser Gruppe überproportional vertretenen Ausländer erst recht wieder gefördert, das Gleiche gelte für die Ausbildungswerkstätten. Die Regierung zeige nicht den nötigen Einsatz, um die einzige Lösung auf EU-Ebene durchzusetzen: "eine sektorale Schließung des Arbeitsmarkts" für Zuwanderer.

Während Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) auf die Anwürfe nicht konkret einging, sondern sich im Wesentlichen auf eine Aufzählung diverser Jobprojekte beschränkte, wollte der Gewerkschafter Josef Muchitsch dem Kern der blauen Analyse gar nicht widersprechen. "Ja, es ist nicht alles super am Arbeitsmarkt", sagte der Mandatar, und "eine der größten Ursachen" sei tatsächlich die Zuwanderung: "Wir alle haben die Personenfreizügigkeit unterschätzt."

Osterweiterung als Grundübel

Das reflexartige "Wir nicht" aus den freiheitlichen Reihen konterte Muchitsch: Die FPÖ sei dafür doch selbst verantwortlich, schließlich habe sie 2003 als Regierungspartei einstimmig die bisher größte EU-Erweiterung, die vor allem osteuropäische Staaten eingemeindete, mitbeschlossen.

Für die kleinere Koalitionspartei reagierte der Abgeordnete Michael Hammer mit einer Art Leistungsbilanz in Sachen Beschränkungen für Zuwanderer: Die ÖVP forciere eine strengere Obergrenze für Asylwerber ebenso wie die "Deckelung" der Mindestsicherung und die "Anpassung" – ergo Kürzung – der Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder. Zwischenrufe von Belakowitsch-Jenewein: "Bla, bla, bla! Bla, bla, bla!"

Perfides Spiel des Wegnehmens

Wofür sich der VP-Mandatar rühmte, empörte die grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner: Die Urheberschaft liege bei der FPÖ, doch "die ÖVP beteiligt sich munter an diesem perfiden Spiel des Wegnehmens". Wie ungerecht etwa die Kürzung der Familienbeihilfe sei, zeige sich am Schicksal der 24-Stunden-Betreuerinnen aus dem Osten: "Diese Frauen arbeiten rund um die Uhr, pflegen unsere Eltern und müssen ihre Kinder zurücklassen, weil das gar nicht anders möglich ist."

Matthias Strolz machte seinen mit wachsender Emotion vorgetragenen Ärger an einem anderen Aspekt fest. "Was ist mit den ehemaligen Europaparteien?", fragte der Neos-Chef: "Sie waren auf dem Weg zu einem starken Europa, jetzt sind Sie Geisterfahrer wider die europäische Einigung." Ein Binnenmarkt wie die EU berge Licht und Schatten, sagte Strolz: "Sie spielen nur mit dem Schatten." Die Politik der Abschottung würde nicht nur die Altenbetreuerinnen aus dem Osten aussperren, sondern raube jungen Menschen letztlich auch die Chancen.

Es blieb Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar überlassen, den argumentativen Bogen zur FPÖ zu schließen: Indem die Regierung die Türen für Flüchtlinge "weit offen" halte, werde sie zum "Totengräber des Sozialstaats". (Gerald John, 1.3.2017)