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Mangusten (im Bild Tiere in der Bronx in New York) gelten als sehr anpassungsfähig und könnten andere Arten auf Mallorca gefährden.

Foto: AP Photo / Julie Larsen Maher

Seit ein paar Wochen ist Mallorcas Fauna um eine Art reicher: Fünf Mangusten sind einer deutschen Bewohnerin entwischt, in der Nähe des Dorfes Sant Jordi im Inneren der Mittelmeerinsel. Die Frau meldete den Verlust der Notrufzentrale, seitdem fehlt von der Truppe jede Spur.

Für die Umweltbehörde der Landesregierung ist das eine Katastrophe, denn als Insel ist Mallorca sehr anfällig für invasive Arten. Endemische Arten haben mangels natürlicher Fressfeinde oft geringe Chancen, neue Feinde zu überleben. Das Phänomen wurde schon vor 300 Jahren von Naturforschern auf Pazifikinseln dokumentiert. "70 Prozent aller ausgestorbenen Arten waren Endemismen auf Inseln oder in Seen", sagt der Biologe Joan Mayol im balearischen Umweltamt. "Jede neue Art kann hier eine ökologische Katastrophe auslösen."

Derzeit durchforsten Mayols Mitarbeiter das Umland von Sant Jordi. Je mehr Zeit verstreicht, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, die Tiere zu finden. 18 Käfigfallen mit "Lebendfleischködern", sprich Mäusen, haben die Tierfahnder aufgestellt – bisher ohne Erfolg. "Wir haben keine Ahnung, wo sie sein könnten", sagt er. Hinweise von Bewohnern der Gegend lassen ihn hoffen, dass zwei überfahren wurden.

Sollten die Fahnder die Tiere finden, wartet der Tod auf diese. Theoretisch könnte sie zwar der Inselzoo Natura Parc aufnehmen, doch dessen Leiter Javier Álvarez winkt ab: "Mangusten sind keine Tiere, mit denen man Besucher anzieht", sagt er. "Die machen nur Arbeit und kosten Geld."

Mehr als 20 fremde Tierarten haben sich mittlerweile auf Mallorca breitgemacht, dazu gehören Asiatische Hornissen, Halsbandsittiche, Hufeisennattern, Amerikanische Sumpfkrebse, Karpfen, Prozessionsspinner, Waschbären, Nasenbären und jetzt auch Mangusten. Diese sind in Schwarzafrika und Asien heimisch, wo sie als Schlangenvertilger beliebt sind. Es gibt 33 Arten, darunter auch Mungos und Zebramangusten und die beliebten Erdmännchen.

Kleine Allesfresser

Doch niedlich sind die knapp einen halben Meter langen Tiere nur auf den ersten Blick. Ihr scharfes Gebiss verrät sie: Mangusten sind kleine Allesfresser, die Vögel und Mäuse genauso mögen wie Obst und Essensreste. Sie haben nicht nur einen starken Überlebensinstinkt, sondern sind auch sehr anpassungsfähig. Außerdem sind sie "schnell und intelligent", so Joan Mayol.

Das klingt beunruhigend, vor allem für Arten, die nur auf Mallorca und den Nachbarinseln heimisch sind. Dazu gehört der Balearische Sturmtaucher, Europas gefährdetster Seevogel, der in Bodenhöhlen an der Küste brütet. Auch regionale Unterarten von Singvögeln wie Grasmücken, Goldhähnchen und Blaumeisen könnten gefährdet sein. Ein anderes Beispiel ist die Geburtshelferkröte, die zurückgezogen in den Tramuntana-Schluchten lebt und schon öfter knapp vor dem Aussterben stand. Die Balearen-Eidechse hat bereits einmal die von den Römern eingeschleppten Tiere wie Katzen und Ratten überlebt – aber nur weil die Eindringlinge damals nicht auf die vorgelagerten Inseln Cabrera und Dragonera gelangt sind. Sie alle haben genau die richtige Größe, um einer Manguste den Bauch zu füllen.

Joan Mayol ist deswegen ziemlich verzweifelt. Der Leiter der Artenschutzabteilung hat in den vergangenen 30 Jahren mit ansehen müssen, wie viele Wildtiere als Haustiere nach Mallorca gebracht wurden. Je höher der Wohlstand und je internationaler die Bevölkerung, desto ausgefallener die Haustiere. "Exoten sind in Mode", sagt er resigniert. Viele büxen aus, weil die Besitzer zu nachlässig oder unerfahren sind. Manche Tierliebhaber ziehen weg und lassen die Tiere absichtlich frei – immer mit denselben Folgen: "Dann haben wir die Viecher am Hals." (Brigitte Kramer aus Palma, 3.3.2017)